sharing is caring
ist wirklich so!
Vielen Dank fürs Teilen!
Kluge Köpfe filtern für dich relevante Beiträge aus dem Netz.
Entdecke handverlesene Artikel, Videos und Audios zu deinen Themen.
Kurator'in für: Europa Volk und Wirtschaft
Jahrgang 1953
Studium der Elektrotechnik und Elektronik
Forschung / Lehre auf dem Gebiet der Wissenschafts- und Innovationstheorie
Entwicklung von Forschungsprogrammen im IKT-Sektor für verschiedene Bundesministerien und Begleitung der Programme und Projekte - darunter Smart Energy, Elektromobilität, netzbasiertes Lernen, Industrie 4.0
Nun im Un-Ruhestand
Besonders für viel Deutsche ist der Hitlerfaschismus eine mit nichts zu vergleichende Singularität. Und nun spricht in Europa wieder ein Autokrat Nachbarvölkern ihre nationale Existenzberechtigung ab. Beginnt Kriege, mordet friedliche Bürger, oppositionelle Kräfte und verheert ganze Regionen. Womit also kann oder sollte man Putin vergleichen? Der Historiker Heinrich August Winkler nähert sich in einem Interview dieser Frage.
Zunächst diskutiert das Interview die Ähnlichkeiten mit der Kubakrise 1962. Auch damals fühlte sich die Menschheit am Abgrund zu einem atomaren Inferno. Obwohl kein Angriffskrieg tobte. Die meisten Menschen im Westen meinten, dass die Vereinigten Staaten als Schutzmacht unabdingbar sei. Nicht nur die Bundesrepublik war in Sachen äußere Sicherheit auf die Amerikaner angewiesen. Und man vertraute Präsident Kennedy. Dazu kam – so Winkler – ein radikaler Unterschied zwischen der Sowjetunion dieser Zeit und Putins Russland:
Damals entwickelte die Sowjetunion ein Interesse an der Aufrechterhaltung des territorialen Status quo in Europa. Es ging ihr um die Sicherung ihres 1945 geschaffenen Herrschaftsbereichs. Das war die wesentliche Voraussetzung der westlichen Entspannungspolitik, und es wurde zur wesentlichen Voraussetzung für die Brandt’sche Ostpolitik nach 1969, die in enger Abstimmung mit den USA und den anderen westlichen Verbündeten konzipiert und durchgeführt wurde. Das Russland Putins ist keine Macht des territorialen Status quo, sondern eine revisionistische Macht, die die Grundlagen der Nach-Kalten-Kriegs-Ordnung radikal infrage stellt,
Damals wurde mit der UdSSR und Chruschtschow ein rationaler Kompromiss möglich, um der atomaren Auseinandersetzung auszuweichen. Putin sendet keine Signale eines Einlenkens, um die Eskalation zu vermeiden – eher im Gegenteil. Er eskaliert die Drohungen.
Womit wir beim Vergleich Hitler – Putin wären. Ein Vergleich, aus dem man etwas lernen kann, ohne beide gleichzusetzen:
Putin ist kein Hitler. Wir haben nicht die geringsten Anhaltspunkte dafür, dass er die Welt oder die jüdische Bevölkerung vernichten will. Was sich vergleichen lässt, ist ihr Revisionismus. So kann man Parallelen aufzeigen zwischen bestimmten Etappen von Hitlers Politik in den Jahren 1938/39 und dem Vorgehen von Putin in der Ukraine. Ich denke an die Art und Weise, wie Hitler das sogenannte tschechoslowakische Problem gelöst hat durch die erzwungene Abtretung des Sudetenlandes, die Zerschlagung der „Rest-Tschechei“ 1939, die Errichtung des slowakischen Staates, der ein Satellitenstaat des „Dritten Reiches“ war. Parallelen zur Politik Putins gegenüber der Ukraine und Weißrussland liegen auf der Hand.
Eine Lehre ist sicher, dass "Apeasement-Politik" nicht funktioniert. Die Bürger in den ehemaligen Ostblock-Staaten hatten diese Geschichte eigentlich immer im Hinterkopf. Bei fast jeder Diskussion mit ihnen kam man auf dieses Thema. Und so hat Winkler wohl recht:
Sicherlich waren es nicht die USA, die nach der Auflösung der Sowjetunion Ende 1991 auf eine Ost-Erweiterung der Nato gedrängt haben. Es waren in den 90er Jahren die Staaten Ostmitteleuropas und Südosteuropas, die sich durch das Russland der Ära Jelzin und erst recht nach 2000 durch die Politik Putins bedroht fühlten, und das nicht grundlos. Sie hatten vor Augen die beiden Putschversuche von 1991 und 1993, die niedergeschlagen wurden. Sie hatten vor Augen den seit 1994 brutal geführten Krieg Russlands in Tschetschenien. Russland erschien in dem geradezu chaotischen Zustand, wie er sich in den 90er Jahren herausbildete, unkalkulierbar. Deswegen das Drängen von Ländern wie Polen, der Tschechoslowakei, Ungarn und der baltischen Staaten auf Schutz durch das westliche Bündnis mit der Ost-Erweiterung der Nato.Sie sahen sich als eher kleinere Staaten offenbar wieder im "Normalfall" der Geschichte angekommen, in dem letztendlich nur das Recht des Stärkeren gilt. Die NATO war und ist für sie der einzige halbwegs verlässliche "Schutzwall" gegen die Übermacht eines Aggressors, der Garant einer weitgehend selbstbestimmten demokratischen Entwicklung ihrer Nationen. Und der potenzielle Aggressor war keinesfalls die USA, wie es Putin immer wieder suggeriert. Was auch manche in Deutschland teilweise zu glauben scheinen. Insofern ist auch der Glaube, Deutschland hätte sich nicht genug für die Verständigung mit Russland eingesetzt und man hätte (über die Köpfe der Ostmitteleuropäer hinweg?) mehr mit Russland verhandeln müssen, das
Relikt einer unheilvollen deutschen Großmachttradition …, die zurückgeht bis ins 18. Jahrhundert, als Preußen, Österreich und Russland Polen unter sich aufteilten. In Polen erinnert man sich auch lebhaft der Zusammenarbeit der Reichswehr und der Roten Armee nach 1919, bei dem einkalkuliert war, dass Polen von der Landkarte verschwinden müsse. Man erinnert sich an den Hitler-Stalin-Pakt, den Doppelaggressionspakt von 1939, dem Polen ebenso zum Opfer fiel wie die baltischen Staaten, drei souveräne Republiken, die im Zuge des Hitler-Stalin-Paktes 1940 von der Sowjetunion annektiert wurden.Auf eine Strategie zu setzen, als Deutschland mit Putin und Russland (über die Ostmitteleuropäer hinweg) Sonderbeziehungen und -verhandlungen zu führen, hieße in der Tat aus der Geschichte nichts gelernt zu haben. Und es bleibt wohl richtig, was ich gerade in der NZZ bei Franz Schuh gelesen habe, vieles, was gerade über Putin gesagt wird, könnte Wunschdenken bleiben:
Zum Beispiel, dass er dabei ist, zu verlieren. Dass sich das Volk gegen ihn wenden könnte. Wenn Canetti versucht, die Denkweisen der Macht zu erklären, dann ist das auch nur ein abstraktes Modell. Ob es auf Putin zutrifft oder nicht, kann man leider erst nach dem Ende von Putin genauer vermuten. Geschichte funktioniert leider erst im Nachhinein. Putin selbst wird den Historikern nicht sagen, was er vorhat. Und auch seine Umgebung wird schweigen. Die Katastrophe ist: Die Menschen lernen, wenn überhaupt, nur aus Katastrophen.
Quelle: Michael Hesse www.fr.de
Bleib immer informiert! Hier gibt's den Kanal Europa als Newsletter.
Einfach die Hörempfehlungen unserer Kurator'innen als Feed in deinem Podcatcher abonnieren. Fertig ist das Ohrenglück!
Öffne deinen Podcast Feed in AntennaPod:
Wenn alles geklappt hat,
kannst du das Fenster schließen.
Öffne deinen Podcast Feed in Apple Podcasts:
Wenn alles geklappt hat,
kannst du das Fenster schließen.
Öffne deinen Podcast Feed in Downcast:
Wenn alles geklappt hat,
kannst du das Fenster schließen.
Öffne deinen Podcast Feed in Instacast:
Wenn alles geklappt hat,
kannst du das Fenster schließen.
Öffne deinen Podcast Feed in Apple Podcasts:
Wenn alles geklappt hat,
kannst du das Fenster schließen.
Öffne deinen Podcast Feed in Podgrasp:
Wenn alles geklappt hat,
kannst du das Fenster schließen.
Bitte kopiere die URL und füge sie in deine
Podcast- oder RSS-APP ein.
Wenn du fertig bist,
kannst du das Fenster schließen.
Öffne deinen Podcast Feed in gpodder.net:
Wenn alles geklappt hat,
kannst du das Fenster schließen.
Öffne deinen Podcast Feed in Pocket Casts:
Wenn alles geklappt hat,
kannst du das Fenster schließen.
Kleine Ergänzung zur psychologischen Struktur von Diktatoren:
https://m.facebook.com...
Guter Kommentar zu einem interessanten Interview, dessen Standpunkte ich in vollem Umfang teile. Auch Deutschland hätte man vielleicht 1919 besser behandeln sollen; vielleicht wäre es dann keine revisionistische Macht geworden. 1939 war dann allerdings nicht der Zeitpunkt, über diese Versäumnisse zu diskutieren.......
Heinrich August Winkler hatte bereits in der ZEIT vom 10.03.2022 www.zeit.de/2022/11/wl... Putins Hasstiraden gegen die "Drogensüchtigen und Neonazis" in Kiew mit denen Hitlers gegen die Prager Regierung im September 1938 verglichen. Taten folgten damals wie heute …
Jener Artikel ging auch auf den Bukarester Nato-Gipfel 2008 und die Bedenken von Merkel und Sarkozy gegen eine Mitgliedschaft der Ukraine und Georgiens ein:
„Angesichts der massiven Vorbehalte … in den eigenen Reihen hätte der Westen die Pflicht gehabt, sich in ständiger enger Abstimmung mit den beiden Bewerberländern im Dialog mit Russland um eine belastbare Sicherheitsordnung für ehemalige Sowjetrepubliken in Osteuropa zu bemühen, die in das westliche Bündnis strebten … Solche Bemühungen gab es nicht, und das war eine folgenschwere Unterlassung. Der Beschluss von Bukarest gab sich als ein grundsätzliches Ja zur Nato-Mitgliedschaft Georgiens und der Ukraine, bedeutete aber ein faktisches Nein. Dieser faule, um nicht zu sagen verlogene Kompromiss weckte bei den Bewerberländern falsche Erwartungen und trug mit dazu bei, die Ukraine in die tragische Situation zu bringen, in der sie sich heute befindet.“ Winkler konstatiert aber auch: „Ob es jemals eine reale Chance gegeben hat, eine solche Sicherheitsvereinbarung mit Russland zu treffen, ist ungewiss. “
Mit Blick auf die immer noch verschiedentlich vorgebrachten Forderungen nach schnellen Verhandlungen mit Russland (über das Schicksal der Ukraine!) finde ich diese Überlegungen für bemerkenswert. Hoffnung bleibt für die Zukunft.