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Flucht und Einwanderung

Die libyschen Kämpfe erreichen schutzlose Migrant*innen in Lagern – Perspektiven der Flucht unklar

J. Olaf Kleist
Politikwissenschaftler mit dem Schwerpunkt Flüchtlingsforschung

am Deutschen Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM), Berlin.

Gründer des Netzwerks Fluchtforschung.

Forscht zu, schreibt über und kommentiert Migrations- und Flüchtlingspolitik, insbesondere aber nicht nur in Deutschland und Europa.

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J. Olaf KleistMittwoch, 24.04.2019

Meine hiesigen Posts über die Situation von Flüchtlingen in Libyen erhalten nur sehr wenige Stimmen. Dies wäre mir egal, gälte mir dies und die sehr geringe Berichterstattung in den deutschen Medien nicht als Signal für ein vermeintliches Desinteresse oder Überdruss an dem dortigen Leid, das sich nicht nur an der sprichwörtlichen Haustür zu Europa abspielt, sondern für das die EU auch eine Mitverantwortung trägt. Dabei spitzt sich die Lage in Libyen zu. Migrant*innen im Lager Qasr bin Ghashir, in der Nähe von Tripoli, berichten, dass auf sie geschossen wird und viele schwer verletzt (Achtung: Link zu Fotos von Verletzen) worden seien – vermutlich durch Militante von Khalifa Haftar. Die Wärter der eh schon menschenverachtenden Lager seien weitgehend geflohen und überlassen die Migrant*innen ihrem Schicksal. NGOs erreichen die Betroffenen auch nicht mehr.

Derweil sind die Auswirkungen des Konflikts auf Flucht und Migration unklar. Es kursieren ganz unterschiedliche Zahlen, mit denen verschiedene Parteien versuchen, Politik zu machen. Offizielle Zahlen gibt es nicht mehr. Werden die Kämpfe zu mehr Flucht führen oder bedeuten sie, dass die Schmuggler in die Auseinandersetzungen hineingezogen werden und Fluchtrouten verschwinden? Es entsteht jedenfalls ein Drama, doch nachdem sich die EU für eine Vogel-Strauß-Politik auf dem Mittelmeer entschieden hat, scheint es fast, als sei dies  der Ansatz für die Libyenpolitik überhaupt. Sollten sich die Kämpfe aber verfestigen und nicht nur ein paar Tausend Migrant*innen betroffen sein, sondern größere Teile der libyschen Bevölkerung sich auf die Flucht machen, dann wird dies nicht mehr ignoriert werden können und auch die Evakuierung innerhalb Afrikas nicht ausreichen. Wir dürfen die Situation nicht ignorieren. Ich werde deshalb auch weiterhin Artikel zu Flucht und Migration in/aus Libyen piqen.

Die libyschen Kämpfe erreichen schutzlose Migrant*innen in Lagern – Perspektiven der Flucht unklar

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Kommentare 4
  1. Christine Köhler
    Christine Köhler · vor mehr als 5 Jahre

    Sehr geehrter Herr Kleist, bitte lassen sie sich nicht von der ,,Quote" zusätzlich deprimieren. Ich schaffe es einfach nicht, Ihre WICHTIGEN Posts zu "liken" bzw. als "relevant" zu markieren, weil ich das Gefühl habe, nicht ,,das Recht dazu" zu haben. Die ganze Problematik deprimiert mich zutiefst, aber ich habe gleichzeitig das Gefühl, zu wenig aktiv zu tun und ,,im öffentlichen Diskurs" auch nicht ,,bestehen" zu können. Weil ich zu wenig von den Fakten ,,weiß". Dabei weiß ich tief im Herzen, dass die EU-Migrationspolitik eine Farce und Tragödie ist. Es beunruhigt mich zutiefst, dass es inzwischen einen salonfähigen ,,Diskurs'' zur Seenotrettung gibt, dass die Kriminalisierung der Seenotretter Eingang in die ,,Politik'' gefunden hat (Italien), dass Politiker wie Orban ganz offen den ,,Anti-Humanismus" propagieren. Als Frau Merkel ihren Kritikern nach 2015 irgendwann mitteilte, wenn sie die Zeit zurückdrehen könne, würde sie sie noch weiter zurück und zu ,,Dublin" gehen (Dublin II ?!), dachte ich kurzzeitig und naiv, dass es jetzt zu einem offenen, ehrlichen, lauten und fairen Diskurs in der EU (und global) kommen werde. Aber eine Agitierung und Entfesselung sondersgleichen hat weiter eingesetzt, die mich täglich beunruhigt und beschämt. Was die EU da an den ,,Außengrenzen" macht, betrifft und beschämt mich jeden Tag. Dass es neben der Ignoranz gegenüber Kriegsflüchtlingen keinen fairen und breiten Diskurs über Flucht aus ,,wirtschaftlichen'' Gründen (Armut, Not, Elend, Perspektivlosigkeit ...) gibt und darüber, wie stark Armut, Not, Elend durch den ,,westlichen'' Lebensstil ausgelöst werden, lässt mich jeden Tag ins Grübeln über meine ,,europäische Identität" kommen. Und gleichzeitig ist man konfrontiert mit diesem Hass und der Gewalt von rechts, wo von ,,Umvolkung" gefaselt wird etc. ... Ich gebe wiederum nur meine Depressionen weiter, entschuldigen Sie. Was ich sagen will: Ein ,,Klick" auf Piqer erscheint mir einfach zu ,billig"... Menschen sterben und ich "like" (überspitzt formuliert)?! Um mir am Ende ein gutes Gewissen zu verschaffen (so, wei wenn ich das jetzt schreibe?!) Müsste ich nicht eigentlich ...???!!! Jedenfalls: So oder so ählich kommt dieses mangelnde Feedback (seit JAHREN!) für Sie von Menschen wie mir zustande, vielleicht ist es bei anderen ähnlich. Aber: Ihre Piqs zählen für mich (seit ich Piqer kenne!) zu den besten und wichtigsten. Ohne Menschen wie Sie würde es für mich keinen Sinn ergeben, bei Piqer ,,zu sein". Bitte lassen Sie sich nicht entmutigen! Sie geben Menschen wie mir punktuelle Hoffnung und zeitweise Lebensmut, glauben Sie mir, das ist keine Übertreibung. Und dann wiederum denke ich - darf man sich mit seinen Depressionen berhaupt so wichtig nehmen, in Zeiten wie diesen?! Schon gerade als EU-Bürger?! Wahrscheinlich eher NICHT. So gesehen sollte es ein moralischer Imperativ für mich sein, Ihren Piqs die entsprechende Rückmeldung zu geben ... Ich werde darüber nachdenken! Mit zu großem Dank verpflichteten freundlichen Grüßen, Christine Köhler

    1. J. Olaf Kleist
      J. Olaf Kleist · vor mehr als 5 Jahre

      Liebe Frau Köhler, vielen Dank für Ihre netten Worte! Es freut mich, wenn wir uns so alle gegenseitig Mut machen können, uns vielleicht für eine bessere Flüchtlingspolitik einzusetzen. Mit besten Grüßen, Olaf Kleist

  2. Marion Detjen
    Marion Detjen · vor mehr als 5 Jahre

    Bitte weitermachen mit diesen Posts, auch und gerade hier, auch und gerade wegen des allgemeinen Desinteresses und der Vogel Strauß Politik. Ihre Beiträge sind wichtiger denn je.

  3. Nutzer gelöscht
    Nutzer gelöscht · vor mehr als 5 Jahre

    Danke für den Beitrag, der auf ein geopolitisches Thema verweist, das in seiner Gesamtbreite und dessen machtpolitischen Zusammenhänge - v.a. im Hinblick auf die Einflußnahmen von Außen (i.B. Ägypten, Türkei, Saudi-Arabien usw.) eine ähnliche Architektur aufweist wie in Syrien. (siehe dazu auch hier: https://www.heise.de/t...)

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