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Flucht und Einwanderung

Mauern bauen in unserer schönen neuen Welt

Achim Engelberg
schreibt, kuratiert, gibt heraus
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Achim EngelbergFreitag, 03.12.2021

Früher prahlte EUropa mit einer grenzenlosen Welt, obwohl täglich Flüchtlinge und Migranten im Mittelmeer starben und sterben.

Seit geraumer Zeit spricht man über Grenzen und Kontrollen. Mauern sind nicht nur denkbar geworden, sie werden auch gebaut. Ein deutscher Ministerpräsident – er wird im empfohlenen Beitrag namentlich genannt – lehrt die Verhaltensweisen der Kälte, indem er davon spricht, dass wir uns an die Bilder von Fliehenden in Not gewöhnen müssten.

Im famosen Verfassungsblog diskutiert der Historiker und Migrationsforscher Frank Wolff diese und andere Veränderungen in einem prägnanten Artikel mit vielen Details und historischen Vergleichen.

So auch diese aus dem letzten deutsch-deutschen Kalten Krieg:

Mitte der 1980er Jahre begann die DDR, den

aus dem Bürgerkrieg in Sri Lanka flüchtenden Tamilen Visa auszustellen. Es landeten mehrere Tausend Bürgerkriegsflüchtlinge am Flughafen Schönefeld, von dem aus sie aber nicht nach Dresden oder Rostock fuhren, sondern vielmehr per Transitverbindung nach Westberlin, wo sie Asyl beantragten. Das war aus westdeutscher Sicht doppelt problematisch. Erstens war die Asylanerkennungsquote von Tamilen sehr hoch, die bundesdeutsche Stimmung aber zunehmend fremdenfeindlich. Zweitens nutzt die DDR nun ausgerechnet die ihr hart abgerungenen Transiterleichterungen, um die Bundesregierung mit dem Umweg über Westberlin mit einreisenden Flüchtlingen innenpolitisch unter Druck zu setzen. Berlins Innensenator Heinrich Lummer (CDU) beklagte bereits nach wenigen Wochen eine „nicht abreißende Flut“ und forderte – „Grundrecht hin, Grundrecht her“ – umgehend das Ende der Passage.

Damals kaufte sich die alte BRD frei, wie es die neue BRD in unserer Zeit mit der Türkei macht(e). Kein Wunder, dass andere auch was abhaben möchten. Damals wie heute unterbanden autoritäre Regime, dass Fliehende an die bundesdeutschen Grenzen gelangen.

Historisch fehlt jedes Beispiel dafür, dass eine Grenze auf längere Sicht Menschen vom Übertreten abhalten kann, ohne dabei auf massive Gewalt zu setzen.

Beharrt die Bundesregierung weiter auf Deals mit Diktatoren, auf Mauern, auf Gewalt gegen Schutzsuchende, dann geraten wir in eine Spirale, die EUropa auch im Inneren zum Schlechten verändert.

Das bittere Fazit:

Folgen wir dem, werden angesichts absehbar zunehmender globaler Migrationsbewegungen die EU-Außengrenzen den europäischen „way of life“ nicht schützen, sondern ihn grundlegend verändern. Erwartbar sind hohe Kosten auf drei Ebenen: materiell für die Grenzmilitarisierung, finanziell für die dadurch bedingte Kooperationen mit autoritären Drittstaaten sowie normativ aufgrund der Preisgabe fundamentaler gesellschaftlicher, ethischer und politischer Maßstäbe. So kann uns der historische Kontext nicht verraten, wohin eine immer weiter ausgreifende Grenzsicherung führt. Er zeigt aber, was sie uns nicht bringt: Einigkeit, Recht und Freiheit.

Dieser Beitrag setzt und ergänzt diesen piq. Wer mehr wissen will, der findet vieles in meinem aktuellen Buch AN DEN RÄNDERN EUROPAS.

Mauern bauen in unserer schönen neuen Welt

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