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'Das große Beschweigen' — über Houellebecqs durchgewunkenes neurechtes Denken

Tino Hanekamp
Autor

Tino Hanekamp war Journalist und Musikjournalist, hat in Hamburg zwei Musikclubs gegründet (Weltbühne, Uebel & Gefährlich), einen Roman geschrieben (‚So was von da‘) und unlängst ein Buch über Nick Cave ('... über Nick Cave'). Er lebt im Süden Mexikos.

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Tino HanekampSonntag, 20.01.2019
Klick-Hit auf ZEIT ONLINE: Adam Soboczynski wundert sich, dass der neue Roman des “neurechten Denkers” Michel Houellebecq hierzulande großflächig abgefeiert wird und sich kaum jemand an den nationalistischen, frauenfeindlichen und rechtskonservativen Ausführungen des Autoren zu stören scheint (Soboczynski trennt dabei durchaus Autor und Romanpersonal).

Man hat sich angewöhnt, derartige Ausführungen Houellebecqs als Provokationen zu verbuchen, die vielleicht nicht ganz ernst gemeint seien, sogar irgendwie erfrischend und abgründig frivol. Das ist erstaunlich, denn das neurechte Denken, das er regelmäßig von sich gibt – ein Schuss Frauenfeindlichkeit und Lügenpresse-Vorwürfe eingeschlossen –, ist völlig kohärent und in der Sache frei von jeder Ironie.

...

Man erklärt den Roman bequemerweise zur rührenden Liebesgeschichte oder bewundert die ach so schöne und raffinierte Sprache. Die sei das "eigentliche Ereignis bei Michel Houellebecq" (FAS).

...

Houellebecqs guter Schriftstellerfreund Frédéric Beigbeder hat in einem den Roman exstatisch (sic!) feiernden Beitrag den schonungslosen Satz geschrieben: "Es wird unterhaltsam sein, den Bobo-Kritikern in den kommenden Wochen dabei zuzusehen, wie sie versuchen, einen Autor wieder für sich zu vereinnahmen, der sowohl die Ökos als auch die Feministen abschießt."

Soboczynskis Fazit:

Houellebecq ist kein Spieler, kein Provokateur, kein Clown. Er schreibt, was er denkt. Und er sagt, was er meint. Und was geschieht, wenn man ihn, gewiss zu seinem Vergnügen, aus Opportunismus gegen den Strich liest, ist leider sehr simpel, und man traut es sich wegen der Floskelhaftigkeit kaum auszusprechen: Man macht rechtes, antiliberales Gedankengut salonfähig.

Ring frei zur nächsten Runde. So macht Lesen wieder Spaß! Und: super Roman, übrigens.

'Das große Beschweigen' — über Houellebecqs durchgewunkenes neurechtes Denken

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Kommentare 4
  1. Leopold Ploner
    Leopold Ploner · vor fast 6 Jahre

    Soboczynskis: Houellebecq ist kein Spieler, kein Provokateur, kein Clown. Er schreibt, was er denkt.
    Ich finde es etwas befremdlich, dass Aussagen von Romanfiguren hier automatisch dem Autor als eigene Meinung unterstellt werden.

    1. Tino Hanekamp
      Tino Hanekamp · vor fast 6 Jahre

      Vielleicht meint er ja hier den weiter oben im Text erwähnten Essay. Und dann fügt er ja noch hinzu: "Und er sagt, was er meint." Ich finde, er gibt sich da schon Mühe, Autor und Romanfiguren auseinander zu halten. Auf jeden Fall reichen Houellebecqs Äußerungen in Interviews und diesem Essay, um seine Weltanschauung zu verorten, zu der er natürlich jedes Recht hat, klar.

  2. Marcus von Jordan
    Marcus von Jordan · vor fast 6 Jahre

    "Salonfähig" ist irgendwie ein wahnsinnig gewalttätiges und ungutes Wort finde ich. Wenn etwas nicht salonfähig ist, dann kann man es also im Salon nicht sagen? Also nicht in einem fiktiven sozialen Raum und ohne dass man Konsequenzen erleidet, bzw. rausgeschmissen wird? Darf man es gar nicht sagen oder ansprechen oder darf man nur nicht davon überzeugt sein? Wenn man etwas Nicht-Salonfähiges teilweise richtig oder bedenkenswert findet, kann man es also nicht diskutieren, nicht andere danach fragen, nichts weiter dazu lernen? Ein intellektuelles Junktim sozusagen? Ist andersherum "salonfähig" dann alles, bei dem man sich vorab eines Grundkonsens sicher sein kann? Ist mindestens kein Salon, von dem ich mir sehr viel versprechen würde.
    Inwiefern ist der Roman super? Soll ich ihn lesen? Mir haben die unzähligen unerfreulichen Zitate von Houellebecq immer gereicht, um doch lieber wieder ein salonfähiges Buch zu lesen...

    1. Tino Hanekamp
      Tino Hanekamp · vor fast 6 Jahre

      Ja, wer nicht salonfähig ist, muss draußen bleiben, darf nicht mit am Tisch sitzen, und dagegen geht Houellebecq ja auch an, Soboczynski: "Er preist Amerika dafür, dass es nicht mehr für die Pressefreiheit in den Kampf zieht – denn der Meinungskorridor, der in den Medien zulässig sei, werde immer kleiner." Aber stimmt das eigentlich? Kann man drüber streiten, wie ja über überhaupt alles hier, deswegen habe ich das ja auch gepiqt. Vor allem finde ich es nachvollziehbar, dass Soboczynski sich darüber wundert, dass Houellebecqs Äußerungen so einfach durchgewunken werden. Wahrscheinlich hat man sich da auch einfach dran gewöhnt bei ihm, und er darf jetzt eben das enfant terrible sein, man stelle sich aber mal vor, irgendein namhafter deutscher Autor würde einen Satz sagen wie: "Ich bin bereit, jeden zu wählen, der sich für den Austritt aus der Europäischen Union und der Nato einsetzt." Der müsste sich aber mächtig erklären. Und man kann sich auch fragen, ob durch dieses Durchwinken eine Denkweise wie die Houellebecqs nicht letztlich weiter die gesellschaftliche Stimmung vergiftet; den ein oder anderen Bildungsbürger wird es sicher freuen, solche Worte mal nicht von einem Pegida-Proll oder einem AfD-Hetzer zu hören, sondern von einem der bedeutendsten Autoren der Gegenwart.
      Der Roman ist allein schon sprachlich famos, ein großer Genuss! Und natürlich wahnsinnig klug und unterhaltsam und zuweilen auch von einer verzweifelten Zärtlichkeit: "Die Außenwelt war hart, ohne Mitleid mit den Schwachen, sie hielt ihre Versprechen nie, und die Liebe bleib das Einzige, woran man vielleicht noch glauben konnte." Vor allem aber hilft einem die Lektüre, sich in all diese wütendenden, enttäuschten mittelalten westlichen Männer hineinzuversetzen, die in ihrer Verzweiflung alles abriegeln und einfach nur noch um sich schlagen wollen (oder im Falle seines Protagonisten: schießen). 'Vernon Subutex' von Virginie Despentes beschreibt den Niedergang des Bobos, Houellebecqs 'Serotonin' den des mittelständischen Mannes. Und was sonst ist die Aufgabe von Literatur, wenn nicht den Blick zu weiten und die Leser mit schöner Sprache zu erquicken?

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