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Die neuen Stubenhocker: Wie Games und Social Media den Arbeitsmarkt beeinflussen

Karsten Lemm
Reporter
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Karsten LemmSonntag, 11.09.2016

Käme dieser Text nicht von einem angesehenen Wirtschaftsforscher, läge der Reflex nahe, ihn für das typische Hadern der Älteren mit den Jüngeren zu halten: Videospiele und soziale Medien sind so verlockend, argumentiert hier Erik Hurst von der Chicago School of Business, dass eine neue Generation an Stubenhockern heranwächst – weil eine nennenswerte Zahl von jungen Amerikanern lieber die Freizeit genießt, als sich Jobs zu suchen. Für den Augenblick ist das sogar hilfreich, weil Technologie viele Beschäftigungsmöglichkeiten für geringer Qualifizierte wegrationalisiert, es könnte aber dramatische Spätfolgen für Politik und Gesellschaft haben.

Das ist, stark verkürzt, die Essenz dieses Aufsatzes. Hurst untermauert seine These mit verblüffenden Statistiken: Von den Amerikanern bis 30, die keinen Uni-Abschluss besitzen, hatten 2015 nur 72 Prozent einen Job. Jeder Fünfte habe in den zwölf Monaten zuvor überhaupt nicht gearbeitet. Im Jahr 2000 galt das nur für jeden Zehnten.

Leisten können sich das offenbar viele, weil 51 Prozent aus dieser Gruppe weiterhin bei ihren Eltern oder nahen Verwandten wohnen. Sie heiraten auch später und genießen im Durchschnitt vier Stunden pro Woche mehr Freizeit als vergleichbare junge Amerikaner vor 15 Jahren. Drei dieser vier Stunden entfallen auf Gaming. Videospiele und soziale Medien „sind relativ billig, und sie machen Spaß“, so Hurst. „Für geringer Qualifizierte, die mit niedrigeren Löhnen rechnen müssen, ist es attraktiver geworden, die Freizeit zu genießen“, als zu arbeiten. 

Das führt zunächst zu einer steigenden Zufriedenheit. Mit dem Alter aber, fürchtet Hurst, fängt das Fehlen einer guten Ausbildung an, sich zu rächen. Schon jetzt zeige sich bei über 30-Jährigen ohne Hochschulabschluss ein Anstieg des Drogenmissbrauchs und der Selbstmordrate. In der Politik könnten mangelnde Perspektiven die Popularität „gewisser Kandidaten“ erklären (welche lässt Hurst offen). 

Es wäre spannend, eine ähnliche Untersuchung für Deutschland zu sehen.

Die neuen Stubenhocker: Wie Games und Social Media den Arbeitsmarkt beeinflussen

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Kommentare 1
  1. Christian Huberts
    Christian Huberts · vor 8 Jahren

    Auch wenn man mit dem Kulturpessimismus-Vorwurf tatsächlich vorsichtig sein muss, ist er hier wohl angebracht – selbst wenn es sich einem angesehenen Wirtschaftsforscher handelt. Nur ein paar Dinge, die mir aufgefallen sind:

    – Cum hoc ergo propter hoc: Die Koinzidenz von erhöhtem Computerspielkonsum und der mutmaßlich wachsenden ›Trägheit‹ junger Erwachsener legt keine zwingende Kausalität nahe. Diverse andere, wichtige Faktoren werden ausgeblendet.
    – Große Teile seiner Argumentation basieren auf persönlichen Anekdoten über seinen Sohn (»He told me so…«).
    – Er sagt selbst, dass er eigentlich nur spekuliert (»As of now, I don’t know for sure…«).
    – Computerspiele, Social Media etc. werden pauschalisiert und zu einem schwammigen ›technological innovations‹ subsumiert. Dient alles der ›leisure‹, macht alles ›fun‹. Das ist reduktionistisch.

    Kurz gesagt: Ein ganz klassisches »Hadern der Älteren mit den Jüngeren«. Ein bisschen wie im 18. Jahrhundert, als die Romanleserei von Jugendlichen laut angesehenen Experten zu Lethargie, Blähungen und unkontrollierter Masturbation führen sollte. Einzig der Gedanke eines ›changed value of leisure‹ ist – ohne die Monokausalität – spannend.

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