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Russlands Ukrainekrieg: Wie man in Ostdeutschland darüber denkt

Dirk Liesemer
Autor und Journalist
Zum Kurator'innen-Profil
Dirk LiesemerDienstag, 25.10.2022

Die Journalistin Jessy Wellmer, die in Mecklenburg-Vorpommern aufgewachsen ist, wunderte sich, warum offenbar so viele Menschen zwischen Rostock und Dresden ganz anders auf den russischen Überfall blicken als sie selbst. Und weil sie so irritiert war über Rechtfertigungen, über Verständnis für Putin, über Misstrauen gegenüber der Berichterstattung, hat sie sich aufgemacht zu einer Erkundungsreise durch die gar nicht mehr so neuen Bundesländer.

Sie beginnt, was in diesem Falle geschickt ist, weil damit gleich ein persönlicher und ruhiger Ton gesetzt wird, mit einem Besuch bei ihren Eltern in Güstrow; sie trifft dann einen ehemaligen, frappierend herzlichen NVA-Mann, der noch immer den Westen sehr ablehnend sieht und gar von seinem Feindbild spricht, sie besucht auch den Silly-Gitarristen Uwe Hassbecker, der mal nicht nur über Putin redet, sondern auch von der russischen Gesellschaft, die immer schon wenig zu melden hatte. Wie repräsentativ die beiden und noch ein paar weitere Menschen sind, die Wellmer aufsucht, muss unklar bleiben, aber sie stehen sicherlich für bestimmte Milieus.

Für Einordnungen sorgen Gregor Gysi, der lustigerweise gerade aus der US-Botschaft kommt, die (ostdeutsche) Historikerin Silke Satjukow und am Ende resümierend der Ostbeauftragte Carsten Schneider. Sie alle sagen, dass der Blick der älteren Ostdeutschen auch mehr als drei Jahrzehnte nach dem Fall der Mauer von einstigen Erlebnissen geprägt ist. Auf die eigene Biographie blicken bekanntermaßen nur die wenigsten Menschen mit nüchterner Distanz.

Sehenswert ist die Dokumentation, zeigt sie doch, wie sehr selbst jene, die einen anderen, eher positiven Blick auf Russland haben, nach Worten ringen, um ihre Position deutlich zu machen, vielleicht auch, um sich selbst besser zu verstehen. Es sind deshalb auch nur ältere Menschen, die noch Erinnerungen an die DDR haben und an so manch einen propagandistischen Film über das "größte Land der Welt", eben an die Sowjetunion. Verwunderlich ist allerdings, warum sie dann nicht am Überfall Moskaus auf Kiew verzweifeln. Gibt es solch eine Person in Ostdeutschland denn gar nicht? Die Sowjetunion zurückhaben oder unter Putin leben, das will sicher niemand der Befragten.

Übersehen sollte man nicht, dass die Unterschiede zwischen Ost und West trotz allem gar nicht so groß sind, wie sie manchmal scheinen. Dies zeigen jedenfalls ein paar Umfrageergebnisse, die kurz eingeblendet werden: Die Frage etwa, ob von Russland derzeit eine Gefahr für den Weltfrieden ausgeht, wird von einer unzweideutigen Mehrheit im Osten wie im Westen bejaht – im Osten 77, im Westen 88 Prozent.

Wobei dieses Ostwestding ja ohnehin merkwürdig ist: Ich lebe in München und hier bezeichnet sich niemand als westdeutsch, sondern nur als süddeutsch. Und in Hamburg, wo ich meine Ausbildung gemacht habe, sagten alle, sie lebten in Norddeutschland. Ich selbst nenne mich zwar einen Westdeutschen, obwohl ein Teil meiner Familie aus Thüringen stammt. Aber ich bin halt in NRW aufgewachsen, und das liegt nun einmal weder im Norden noch im Süden noch im Osten.

Russlands Ukrainekrieg: Wie man in Ostdeutschland darüber denkt

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Kommentare 15
  1. Michael Homborg
    Michael Homborg · vor 2 Jahren

    Ganz ehrlich? Diese Art von Journalismus (und eben NICHT das Gekreische von "Wir müssen reden") mag von jetzt an ein medialer Best Practice werden, wie im Besonderen die Öffentlichen für einen erneuten Gesellschafts-Dialog (Ost/West, Jung/Alt und Prekär/Mittelschicht/Oberschicht) sorgen können. Der Sendeauftrag ist hier von Frau Wellmer sehr engagiert umgesetzt (Sie gibt später bei Plasberg zu, dass diese Art von Vermittlung Ost/West und West/Ost sowas wie ihre Lebensaufgabe ist, sie also hier besonders "erfahren" ist). Ich glaube, man kann es besser kaum machen: Aussagen unkommentiert einsammeln, aber dann doch selber Experten nach Erklärungen fragen, dass finde ich, ja, ich nenne es so - sehenswert.

    1. Lutz Müller
      Lutz Müller · vor 2 Jahren

      Deiner Einschätzung kann ich nur zustimmen. Den Dingen auf den Grund zu gehen, dies zumindest ernsthaft zu versuchen, ist in jedem Fall besser, als nur Stimmungen wiederzugeben. Noch dazu, wenn Letzteres unter Beteiligung einer größeren Gruppe schreienden Publikums mit einer klaren Sendungsmission geschieht.

      Die rbb-Talkshow piqte ich, da sie die Stimmungslage dieser kleineren Universitätsstadt mit einem linken Oberbürgermeister aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet. Hier nehme ich eine gewisse Gefahr wahr, dass der gesellschaftliche Zusammenhalt bei weiterer Verschlimmerung der wirtschaftlichen Situation umkippen kann. Der Ton der Proteste war rauer als in einer vorangegangenen Sendung aus Schwedt (Oder), dessen wirtschaftliches Herz die gefährdete Raffinerie bildet.

      Leider werden Reportagen und analytische Talkshows eher diejenigen Menschen erreichen, die den ÖRR bewusst nutzen, um sich aus neutralen Quellen Informationen zu beschaffen und zu bewerten. Wie man den übrigen Bevölkerungsteil besser erreichen kann, weiß ich auch nicht.

      Jan Brachmann, Redakteur im Feuilleton der FAZ, schrieb, die Kopplung der Reportage von Jessy Wellmer mit einer Ausgabe von „Hart aber fair“ folgte dem eingeübten Muster, der westdeutschen Mehrheitsgesellschaft „die Ostdeutschen“ als Normabweichler vorzuführen und zu erklären. Das kann ich beim besten Willen nicht nachvollziehen. Die Gäste aus Ost und West waren jeweils mit 3:2 - sowohl nach ihren Wurzeln, als auch dem gegenwärtigen Lebensmittelpunkt - vertreten. Die Diskussion war sehr ausgewogen, obwohl vieles offen blieb in der Kürze der Zeit. Dabei denke ich vor allem an die Hintergründe für die von Antje Hermenau vertretenen Positionen.

  2. Lutz Müller
    Lutz Müller · vor 2 Jahren

    Und hier ist noch ein frei zugänglicher FAZ-Artikel zu Hart aber fair: www.faz.net/aktuell/fe.... Die Autoren beider Artikel wuchsen in der DDR auf und erlebten in ihrer Jugend die friedliche Revolution und die Nachwendezeit. Die Kommentare (nach Anmeldung lesbar) liefern ein Stimmungsbild der Leserschaft.

  3. Lutz Müller
    Lutz Müller · vor 2 Jahren · bearbeitet vor 2 Jahren

    Jessy Wellmer u. A. waren Gäste bei Hart aber fair im Anschluss an die Doku:
    www.ardmediathek.de/vi...

  4. Lutz Müller
    Lutz Müller · vor 2 Jahren · bearbeitet vor 2 Jahren

    Vielen Dank für die Zusammenfassung dieser aufschlussreichen Doku. Auch die Schilderung deiner geografischen Verortung regt zum Nachdenken an.
    Als Ausbildungs- und Arbeitsmigrant lebte ich in verschiedenen Ländern und Regionen. Ich hatte das Glück, auch in Ost- und Westdeutschland unterschiedliche Mentalitäten kennenzulernen. Es gibt sie ja selbst innerhalb des Ostens.

    Warum ist nun das Anderssein ein für die Ostler übergreifend zutreffendes Thema? Sicher ist das aufgrund der Lebenserfahrungen bedingt. Die Kriegserlebnisse der Eltern- und Großelterngeneration mit den im allgemeinen viel größeren Zerstörungen als im Westen. Die Reparationen, der Wiederaufbau überwiegend aus eigener Kraft und in Kooperation mit der Sowjetunion. Das Gefühl der Vereinnahmung durch die Bundesrepublik. Die extrem hohen Anforderungen an Flexibilität nach den Umbrüchen in Wirtschaft und Arbeitsmarkt. Usw. usf.

    Das ist nur der Hintergrund von Befindlichkeiten, nicht der Inhalt der Dokumentation. Diese Gedanken brachten mich nochmal zurück auf Anne Applebaum. Mit Bezug auf Taras Schewtschenko schrieb sie über das Nicht-Dazugehören, die Anti-Elitärität der Ukrainer, die ihre Wurzeln im Russischen Imperium haben. Ihren Essay habe ich hier aufgegriffen: www.piqd.de/users/nnn.... Auch wenn es um ganz unterschiedliche Dinge geht und die Konstellationen der Zeitgeschichte verschieden sind (Separation vs. Wiedervereinigung), gibt es da etwa Parallelen?

    Was hat es mit der deutsch-russischen Freundschaft auf Ewigkeit bei den Putin-Verstehern auf sich? Mit der (staatlich verordneten) deutsch-sowjetischen hat das bei der Masse der Leute nichts zu tun. Sie sprachen von "den Russen", wenn sie mit Aktivitäten der sowjetischen Besatzungsmacht nicht einverstanden waren oder es um andere weltpolitische Ereignisse ging. Sie vergaßen (und tun dies geflissentlich heute), dass auch Ukrainer, Weißrussen, Georgier und Soldaten anderer Nationalitäten Deutschland befreit hatten.

    Das war sicher genauso wie im allgemeinen Sprachgebrauch der Alt-BRD. Einen Ex-General hörte ich in einer Fernsehsendung kurz nach dem Überfall auf die Ukraine sagen, "der Russe" sei einmarschiert.

    Für mich war die deutsch-sowjetische Freundschaft eine Herzenssache. Ob nun in Donezk, Odessa, Moskau, Tbilissi, Baku oder Westsibirien, wo ich mich nicht nur kurzzeitig aufhielt, ertönten Trinksprüche auf den Frieden. Jung und Alt stießen auf die Freundschaft an, auch noch Jahre nach dem Zerfall der Sowjetunion. Der russische Krieg in der Ukraine hat mich unendlich traurig gemacht. Das Denkmal der ewigen ukrainisch-russischen Freundschaft in Kiew aus 1980 wurde im Sommer unter Anwesenheit des Bildhauers abgerissen.

    Den meisten Menschen, die keine oder nur eine lose persönliche Beziehung zur (Ex-)Sowjetunion hatten, gibt ihr Streben nach Besitzstandswahrung den Antrieb, das Narrativ der Freundschaft oder verlässlichen Beziehungen zu Russland zu bemühen und auf der Straße über alles zu erheben. Das war meine Einschätzung nach der letzten rbb-Talkshow Wir müssen reden!
    www.piqd.de/users/nnn....

  5. Achim Engelberg
    Achim Engelberg · vor 2 Jahren

    Gute Doku.

    "Man darf sich nur nicht vom Anfang täuschen lassen, an dem sie (Jessy Wellmer) ihre Eltern besucht, was zunächst vermuten lässt, hier abermals einen der im deutschen Journalismus inzwischen inflationären und oft nervenden Filme (beziehungsweise Texte) um das eigene Ich herum kredenzt zu bekommen.

    Vielmehr bringt Wellmer mit diesem Einstieg das Thema auf den Punkt: Während ein Großteil jüngerer Ostdeutscher wie sie eindeutig Putin als Aggressor sieht, verurteilen ältere zwar auch den Krieg, sie suchen und finden allerdings auffallend häufig Erklärungen, die mindestens eine Mitschuld, wenn nicht gar die volle Verantwortung dafür beim Westen sehen."

    Hier die FAZ-Rezension auf blendle:
    https://blendle.com/i/...

    1. Dirk Liesemer
      Dirk Liesemer · vor 2 Jahren

      Danke Achim! Ist auch frei zugänglich hier: https://www.faz.net/ak...

    2. Lutz Müller
      Lutz Müller · vor 2 Jahren

      Zu der in den Generationen differenzierten Sicht auf Mitschuld bzw. volle Verantwortung des Westens für Russlands Krieg:
      Ergänzend könnte erwähnt werden, dass die 68er Bewegung in der BRD gegen die Stationierung von Atomwaffen auf deutschem Boden und gegen den Vietnamkrieg auch in der DDR stark reflektiert wurde. Dieser Antiamerikanismus war schon zuvor konsequente Staatsideologie. Viele der damals politisch Aktiven und andere Ältere im Westen behielten ihre Einstellung bis heute.

      Eine Umkehr in der DDR gab es in den 1980er Jahren, als die Bewegung "Schwerter zu Pflugscharen" bekämpft wurde, da sie auch gegen das herrschende Regime gerichtet war. Die Sympathie für Perestroika, Glasnost und Abrüstung war in weiten Teilen der Bevölkerung verbreitet. Vielleicht auch hieraus eine größere Nähe zur Sowjetunion und Ablehnung einer Konfrontation mit Russland.

      Ich habe mich oft gefragt, ob die Nato vor 20 Jahren nicht stärker auf Russland hätte zugehen müssen, um eine nachhaltige Sicherheitsarchitektur aufzubauen. Wenn ich heute an die Kette von Kriegen ab Anfang der 1990er im Kaukasus denke, bezweifle ich, dass solche Bemühungen von Erfolg gekrönt gewesen wären.

    3. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 2 Jahren

      @Lutz Müller Natürlich war Glasnost und Perestroika eine Offenbarung für viele DDR- Bürger. Aber ich war 1989 und 90 auch in Tallinn und Riga. Die wollten schon damals nur weg aus der UdSSR. Die Polen sowieso. Viele Balten oder Polen haben es abgelehnt russisch zu sprechen. Und im Baltikum hat selbst Gorbi erst mal Panzer rollen lassen. Wenn auch nur kurz. Völker haben offensichtlich ein generationsübergreifendes Gedächtnis.

      Und schon Lenin warnte: "Kratze manch einen Kommunisten, und du wirst auf einen großrussischen Chauvinisten stoßen.”

      “Ganz besonders vorsichtig muß eine Nation wie die Großrussen sein, die in allen anderen Nationen erbitterten Haß gegen sich geweckt hat.”

      Wladimir Iljitsch Lenin: Schlußwort zum Bericht über das Parteiprogramm (19. März 1919); Ausgewählte Werke, Dietz Verlag Berlin 1970, Bd. 3; S. 211

      Ich denke manchmal, jetzt merken wir (unsere Generationen) erst wie langfristig und komplex die Linien der Geschichte wirken.

    4. Lutz Müller
      Lutz Müller · vor 2 Jahren · bearbeitet vor 2 Jahren

      @Thomas Wahl Man sagt, dass sich Kriege und andere Traumata direkt auf die nachfolgende Generation auswirken. Bei der Enkelgeneration bedarf es schon aktiverer Aufklärung. Das hängt sicher von der Enge der Bindungen ab.

      Nicht verarbeitete Ereignisse der Geschichte können über Jahrhunderte nachwirken. Der rote Terror war schon schlimm genug. Aber als die Revolution gesiegt und mit der Bildung der Sowjetunion "die nationale Frage gelöst" war nach offizieller Lesart, kam Stalin. Lenin hatte sich gegen ihn als seinen Nachfolger ausgesprochen. Es kam unvorstellbarer Terror, und nicht nur gegen die nichtrussischen Völker. Nun war Stalin kein Russe, das hat also nichts mit der Nationalität zu tun. Es ist eine Gemeinsamkeit im Auftreten kolonialer Mächte. In Vitaly Manskys Dokumentarfilm www.arte.tv/de/videos/... sagte Gorbatschow, dass er zum Erhalt der Sowjetunion hätte schießen lassen müssen, was er auf keinen Fall wollte. Nach dem Zerfall lebte der großrussische Chauvinismus wieder auf und erstrebte neue Horizonte.

    5. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 2 Jahren

      @Lutz Müller Ich denke, Lenin hat mit dem großrussischen Chauvinismus auch nicht den engen Nationalismus gemeint. Sondern die "Idee" von einem großssrussischen Reich. Im Kern und als Ausgangspunkt sicher die "Nation" der Großrussen. Es ist also ein komplexeres Problem. Schon die Zaren haben es ja verstanden zumindest Teile der Eliten der unterworfenen Völker in die Macht- und Verwaltungsstrukturen einzubeziehen. Und die haben aus sicher unterschiedlichen Gründen mitgemacht und auch den Gedanken vom Imperium oft verinnerlicht. Stalin war sicher ein Prototyp für den Großreichs-Chauvinismus - mit ihm an der Spitze. Selbst gegen die Interessen seiner Ursprungsnation.

      Lenins Vater selbst war kalmückisch-russischer Abstammung und wurde später in den Erbadel erhoben. Seine Mutter hatte deutsch-jüdische Wurzeln.

    6. Lutz Müller
      Lutz Müller · vor 2 Jahren

      @Thomas Wahl U. a. zur historischen Verflechtung der Eliten hatte ich schon etwas gepiqt: www.piqd.de/users/nnn.... Ein darin zitierter Historiker sieht aus diesem Grund die Ukraine nicht als klassische Kolonie.

      Stalin wurde teilweise noch von älteren Georgiern verehrt. Es ist kompliziert.

      Der Gedanke der Völkerfreundschaft ist das zentrale Element der sowjetischen Nationalhymne https://de.wikipedia.o.... Das entsprach tatsächlich den Gefühlen vieler Menschen, auch wenn hier die "große Rus" vorkam. Und mit dem Personenkult hatten sie überwiegend aus Unkenntnis keine Probleme.

      Die "inoffizielle" Hymne ist in diesem Artikel der Wikipedia ungenau mit "Lied vom Vaterland" übersetzt. Richtig müsste es "Heimat" heißen. Das Lied handelt von der Liebe zur unbeschreiblichen Weite des einzigartigen Landes, das alle Klimazonen außer den Tropen bedeckt und in dem der Mensch frei atmen könne...

    7. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 2 Jahren

      @Lutz Müller Ja, es ist kompliziert. In den Verfassungen steht ja immer vieles, was in der Wirklichkeit keine/wenig Wiederspiegelung hat. Und ob der Gedanke der Völkerfreundschaft den tatsächlichen Gefühlen des Volkes entsprach? Im Wodkarausch haben wir darauf oft einen Trinkspruch formuliert - ja. Und es gab auch persönliche Freundschaften. Das Volk litt ja nicht nur beim Personenkult unter Unwissenheit (was ich allerdings nicht so recht glaube - fast jede Familie hatte doch Opfer in ihren Reihen). Auch über andere Völker herrschte großteils Unwissenheit, in einem Land, dass seine Bürger systematisch abschottete und desinformierte. Was ist ein Gefühl Wert, was darauf, also auf Vorurteilen, beruht? Und einen Praxistest hat diese Völkerfreundschaft nie wirklich bestanden. Nicht in Ungarn, nicht beim Prager Frühling, nicht in Tschetschenien, Georgien oder in Afghanistan. Es waren immer nur Wenige, die Protestierten - wie heute beim Ukrainekrieg. Vielleicht bei der Wiedervereinigung? Aber nach dem Zusammenbruch der DDR standen gerade die treusten, die staatsnahen Verbündeten des großen Bruders ziemlich allein da. Der Bundeswehrverband hat jedenfalls mehr für die Anerkennung der Renten von NVA-Offizieren getan als die Freunde in Moskau.

    8. Lutz Müller
      Lutz Müller · vor 2 Jahren

      @Thomas Wahl Die Politik, daraus entstehende oder beförderte ethnische Konflikte, Propaganda und Desinformation usw. sind das eine. Die Menschen konnten das einordnen, wenn sie mit einer anderen Wirklichkeit konfrontiert wurden. Obwohl die Lobgesänge auf die Völkerverbundenheit ideologisch motiviert waren (ich bezog mich nur auf die inneren Verhältnisse der Sowjetunion), erlebte ich, dass dies auch auf persönlicher Ebene überwiegend funktionierte. Im Arbeitsleben oder mit Behörden sah das manchmal anders aus.
      Nur ein Beispiel aus der Politik. In der Welle der Unabhängigkeitsbewegung in Georgien wurde der nationalistische Schriftsteller Swiad Gamsachurdia Staatspräsident. Er war nur wenige Monate im Amt. Seine Losung "Georgien den Georgiern" richtete sich zunächst gegen Moskau. Als er dann aber damit nationale Minderheiten in Georgien bedrängte, stieß das auf allgemeine Ablehnung der Bevölkerung, die von einem hohen Nationalstolz geprägt ist, Hass gegen andere aber nicht duldet.

    9. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 2 Jahren

      @Lutz Müller Ich hab in Moskau mal Georgier getroffen, die wollten mit uns auf unsere beiden großen Führer anstoßen - Stalin und Hitler ….
      Aber es stimmt schon, auf der persönlichen ebene traf und trifft man meist auf freundliche Menschen. Die aber dann als Behördenmitarbeiter oder auf der Arbeitsebene oft ganz anders agieren. Das macht mir diese Trennung zw. individuellen Kontakten und der Politik so suspekt.

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