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Warum man sich für Games interessieren sollte. Oder: Einfach den Mund halten.

Christian Huberts
mächtiger™ Kulturwissenschaftler und Kulturjournalist
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Christian HubertsMontag, 11.01.2016

OK, Taschentücher rausholen. Sich in einem kulturwissenschaftlichen Studium für Computerspiele zu begeistern, war ein ganz schöner Spießrutenlauf. Ich wurde regelmäßig von den Sprösslingen des Bildungsbürgertums offen verlacht. Menschen, die sich mit trivialem Spielzeug beschäftigen, stehen am Ende der kulturelitären Hackordnung und müssen nicht ernst genommen werden. Niemals. Noch nie einen Fernseher besessen zu haben, ist hingegen etwas, auf das man so richtig stolz sein kann. Was für ein trauriger Haufen von Kulturwissenschaftlern!

Mittlerweile hat sich das Blatt gewendet. Ab und zu klingelt sogar das Telefon und die Stimmen von Gestern lassen sich etwas kleinlaut zum Thema Gaming beraten. Eingemummelt in die Gewissheit, sich auf der "richtigen" Seite der Kultur zu befinden, wurde eine zentrale Unterhaltungs- und Kunstform der Gegenwart völlig verpennt. Das ist so tragisch, weil es nicht nur meine persönliche Erfahrung ist, sondern eine allgemeine. Das Ausmaß der Ahnungslosigkeit über Computerspiele ist gigantisch. Und ebenso groß ist die Arroganz, mit der immer noch über Computerspiele geredet wird, abseits jeder intimen Kenntnis.

Shannon Strucci kennt diesen elitären Dünkel ebenso. Und sie hat ein wunderbares YouTube-Video produziert, in dem sie ein wenig mit den ewig wiederkehrenden Abwehrmechanismen gegen Games (und die Farbfotografie und den Tonfilm und das Cinemascope-Format und und und…) aufräumt. Es ist und bleibt völlig in Ordnung sich nicht für Computerspiele zu interessieren, auch wenn man sich dadurch vieler spannender Erfahrungen beraubt. Was aber endgültig vorbei sein sollte: Nicht wissen wovon man redet, wenn man über Games redet.

Warum man sich für Games interessieren sollte. Oder: Einfach den Mund halten.

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Kommentare 9
  1. Alexander Krützfeldt
    Alexander Krützfeldt · vor fast 9 Jahre

    Ich glaube, das Studium ist fast egal. Ich finde es aber auch insgesamt sehr beeindruckend, wie Games sich über die letzten 20 Jahre aus der Nerd-Ecke in den Mainstream geschoben haben. Wie würde man anguckt, wenn man gezockt hat. Heute, gerade auch in Zeiten von App-Spielen auf dem Tablet, zockt meine Omma mehr als ich in meiner Jugend. Bald guckt die auch Lets Plays und lädt sich Trainer+11 runter und guckt nach Cheats. Man, wie viele Trojaner man sich über Crack-Seite gezogen hat. Danke für den Text. Erinnerungen im Kopf wie bunter Salat.

  2. Juliane Becker
    Juliane Becker · vor fast 9 Jahre

    "Sich in einem kulturwissenschaftlichen Studium für Computerspiele zu begeistern, war ein ganz schöner Spießrutenlauf."

    Same.

  3. Georg Wallwitz
    Georg Wallwitz · vor fast 9 Jahre

    Das ist vielleicht etwas dünnes Eis, der Versuch zu definieren, was Kunst ist. Das braucht man nämlich, um zu sagen: Games sind Kunst (einziger Ausweg: Alles ist Kunst).
    Gibt es bei Games etwa eine Aura? Kann man sagen, einige Games sind Kunst und andere Unterhaltung und was ist das Kriterium?
    Aber grundsätzlich stimme ich zu: Games können Kunst sein.

    1. Christian Huberts
      Christian Huberts · vor fast 9 Jahre

      Computerspiele befinden sich noch mitten in einem Prozess der Ausformulierung. Wie Shannon Strucci in dem Video darstellt, sind Games – bezogen auf ihr "Alter" im Vergleich zum Film – noch näher an einfahrenden Zügen als an »Citizen Kane«. Aber es gibt schon genug Games, die in den Kunstkontext gerückt, in Kunst- und Design-Auststellungen gezeigt und von Künstlern gemacht werden, um klar zu sagen: Sie können Kunst sein. Meist sind sie Unterhaltung. Manchmal auch beides gleichzeitig. Anderen Kulturformen wird das ja auch zugestanden. Welche Kriterien dabei konkret gelten, dass muss zum größten Teil noch herausgefunden werden. Am besten durch Auseinandersetzung mit dem Gegenstand. Also: Spiele spielen. Ihre "Aura" am eigenen Leib erfahren (dazu habe ich auch ein Buch herausgegeben: http://christianhubert...). Erfahrungen damit machen, welche Fragen Games aufwerfen, welche sie auslassen und welche sie beantworten. Neugierig sein, sich von ihnen herausfordern lassen und Spiele herausfordern. Das fehlt, leider.

      Davon abgesehen ist auch Unterhaltung ein Teil der Kultur, lohnt eine Betrachtung und ist oft eine bereichernde Erfahrung.

    2. Christian Huberts
      Christian Huberts · vor fast 9 Jahre

      @Christian Huberts Bei Suhrkamp ist übrigens gerade erst ein Buch zur Ästhetik von Computerspielen erschienen, das sich unter anderem mit der Kunst-Frage auseinandersetzt: http://www.suhrkamp.de....

    3. Georg Wallwitz
      Georg Wallwitz · vor fast 9 Jahre

      @Christian Huberts Kunst und Unterhaltung sind natürlich keine Gegensätze, sie haben oft viel von einander - manchmal aber auch wenig.
      Das mit der Aura probiere ich jetzt mal aus.

      Ich finde, z.B. dass Minecraft die Aura mal hatte, nun ist sie aber dahin. Für mich jedenfalls.
      Aber ich forsche weiter ...

    4. Christian Huberts
      Christian Huberts · vor fast 9 Jahre

      @Georg Wallwitz Mit Minecraft ging es mir ähnlich. Je "fertiger" das Spiel wird, desto weniger ästhetisch interessant wird es. Am Anfang gab es nur die zufällige, einsame Welt und ganz grundsätzliche Werkzeuge und Fähigkeiten, um damit in Beziehung zu treten. Ein großer, konzeptionell offener Raum für die Spielenden. Mit jedem Update kam mehr dazu, das diese Offenheit zerstört hat: Neue Gegner, Tiere und Werkzeuge. Ein Endgegner. Ein Ende. Erfahrungspunkte, Hunger und Verzauberungen. Aus der auratischen Erfahrung einer Spielwelt ist ein arbeitsintensiver Akt der Selbstoptimierung geworden.

      Das ist auch – stark verkürzt – meine These zu Aura/Kunst in Computerspielen: Sie braucht Raum für Reflexion und ästhetische Betroffenheit. (Zu viel) Spielmechanik verengt diesen Raum, lenkt von ihm ab. Zugespitzt: Während ich damit beschäftigt bin, Nazis die Köpfe wegzuballern, kann ich keine leibliche Präsenz spüren. Das geht erst, wenn der Finger am Abzug mal Pause macht.

      In einer früheren Arbeit habe ich versucht, dass mit McLuhan zu erklären: "Kalte" Spielelemente sorgen für Aura, "heiße" Spielelemente zerstören sie wieder. (http://christianhubert...)

  4. Christian Huberts
    Christian Huberts · vor fast 9 Jahre

    Und wer sich ertappt fühlen sollte, kann sich einen kompakten Crashkurs bei Charlie Brooker abholen: https://www.youtube.co....

  5. Christian Huberts
    Christian Huberts · vor fast 9 Jahre

    Das Problem ist so groß, dass Texte darüber schon fast ein eigenes Genre etablieren. Gestern erst hat Lukas Meschik einen lesenswerten Anti-Ignoranz-Rant veröffentlicht: http://www.wienerzeitu....

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