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Was die Wissenschaft zum Tempolimit sagt

Robert Gast
Physiker, Wissenschaftsjournalist
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Robert GastDienstag, 29.01.2019

Braucht Deutschland ein Tempolimit? Manchem Zeitungsleser mag es so vorkommen, als hätten sowohl die Befürworter als auch die Gegner gute Argumente. Der Beitrag im Wissenschaftsteil der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung tritt nun einen Schritt zurück und ordnet die Debatte – und macht damit meiner Meinung nach ziemlich deutlich, wie manche Sachverhalte konsequent nur von einer Seite betrachtet werden, insbesondere von den Tempolimit-Gegnern.

Da ist zum Beispiel der Hinweis auf die angeblich kaum nennenswerte CO2-Ersparnis, die so ein Tempolimit brächte: 

Gegner eines Tempolimits weisen gern darauf hin, dass die Einsparung nicht einmal einem halben Prozentpunkt der insgesamt rund 800 Millionen Tonnen CO2-Emissionen Deutschlands entspräche. Bezieht man sich allerdings nur auf die Emissionen des Verkehrssektors, kommt man auf ein Einsparungspotential von knapp zwei Prozent. Und betrachtet man lediglich Pkw-Emissionen auf Autobahnen, liegt der Anteil der drei Millionen Tonnen bei knapp 10 Prozent.

Für den Verkehrssektor, der seit 1990 seine Emissionen nicht gesenkt hat, dies aber in den kommenden Jahrzehnten wird tun müssen, wäre das doch was...

Auch das Argument, Deutschland habe weniger Verkehrstote pro Autobahnkilometer als benachbarte Staaten mit Tempolimit, ist eine eher einseitige Auslegung der Tatsachen:

Betrachtet man daher, wie es zum Beispiel der ADAC fordert, die aussagekräftigere Zahl von Autobahntoten pro Milliarde gefahrener Autobahnkilometer, so liegt Deutschland mit zwei Toten pro Milliarde Kilometer in einer Auswertung des Europäischen Verkehrssicherheitsrats (ETSC) auf Platz 10 von 20 EU-Staaten, für die entsprechende Daten vorlagen. Länder wie Italien (3 Tote pro Milliarde Kilometer) oder Polen (5 Tote) schneiden trotz Tempolimits von 130 beziehungsweise 140 km/h deutlich schlechter ab, was Gegnern eines Limits Munition liefert. An der Spitze stehen allerdings mit etwa halb so vielen Toten wie in Deutschland Dänemark, Großbritannien und Schweden, wo Tempolimits zwischen 130, 112 beziehungsweise 110 km/h gelten. 

Mit Sicherheit haben also noch andere Faktoren Einfluss auf Autobahnunfälle, etwa die Verkehrsdichte, die Mentalität der Fahrer oder der Zustand der Straßen. Unstrittig sollte eigentlich sein, dass ein Tempolimit die Zahl der Verkehrstoten senken dürfte. Das sagt allein die Physik, die der Artikel dankenswerterweise klar aufdröselt: Sowohl in der Formel zum Luftwiderstand als in der zur kinetischen Energie taucht die Geschwindigkeit eines Autos in quadratischer Form auf. Sprich: Bei 200 km/h muss ein Auto gegen einen viermal so hohen Luftwiderstand ankämpfen wie bei 100 km/h (das erhöht den Spritverbrauch). Zugleich hat das 200-km/h-Auto eine viermal so große kinetische Energie, was den Bremsweg beträchtlich verlängert. Dass beides handfeste negative Folgen hat, kann man eigentlich nicht wegdiskutieren.

Was die Wissenschaft zum Tempolimit sagt
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Kommentare 5
  1. Maximilian Rosch
    Maximilian Rosch · vor fast 6 Jahre

    Hier ist der Text auch ohne Paywall zugängig, zumindest zum Zeitpunkt meines Abrufs (02.02., 13:35) https://www.faz.net/ak...

  2. Du Irrelevant
    Du Irrelevant · vor fast 6 Jahre

    "Dem aufmerksamen Zeitungsleser mag es so vorkommen, als hätten sowohl die Befürworter als auch die Gegner gute Argumente."

    Habe ich etwas verpasst? Mir ist kein einziges gutes Argument gegen ein Tempolimit begegnet! ...und nein, die "persönliche Freiheit" auf Kosten anderer durch die Gegend zu rasen ist kein gutes Argument (und noch dazu ziemlich traurig wenn jemand darin seine einzige verbliebene Freiheit sieht, was ich etliche male gelesen habe!)

    1. Robert Gast
      Robert Gast · vor fast 6 Jahre

      Sehe ich ja ganz ähnlich :-)

      Ich habe mit dem Satz auf Kommentare wie diesen hier angespielt: https://www.faz.net/ak...

      Liest sich einigermaßen schlüssig, dreht aber die Sachlage geschickt so, dass es so wirkt, als würde ein Tempolimit nichts bringen.

    2. Maximilian Rosch
      Maximilian Rosch · vor fast 6 Jahre

      Stimme dir absolut zu. Marcus Engert hat's auf Twitter mMn gut auf den Punkt gebracht: https://twitter.com/EN...

    3. Maximilian Rosch
      Maximilian Rosch · vor fast 6 Jahre

      Auch gut zum Thema: https://www.der-postil...

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