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Kopf und Körper

Wie nah lässt die Gesellschaft psychisch Erkrankte an sich heran?

Theresa Bäuerlein
Journalistin. Autorin. Seit (gefühlt) schon immer.
Zum Kurator'innen-Profil
Theresa BäuerleinDonnerstag, 08.07.2021

Psychische Krankheiten sind mit weniger Stigma verbunden als früher. Besonders unter Jüngeren und in sozialen Netzwerken gibt es mittlerweile eine viel größere Offenheit. Die Pandemie hat diese Entwicklung noch einmal beschleunigt. 

Das wirft aber auch Fragen auf. Wird Depression zur Modekrankheit? Was passiert, wenn viel mehr Menschen Ansprüche auf Therapieplätze erheben? Wie kann und muss das Gesundheitssystem darauf reagieren? Der Psychiater Georg Schomerus forscht dazu. Er sagt: 

Wenn immer mehr Leute merken, dass es ihnen nicht gut geht und sie eine Therapie brauchen, kann das dazu führen, dass Menschen, die ohnehin fernab der Versorgungssysteme sind, noch schwieriger Hilfe bekommen.

Dabei denkt er besonders an: 

 ... eine breite Koalition von prekär Arbeitenden, Migrantinnen, Menschen mit geringerem Bildungsabschluss. Aber auch die große Gruppe der Männer sucht sich seltener Hilfe.  

Einen Grund für die Entwicklung sieht Schomerus darin, dass viele Systeme verschwunden oder schwächer geworden sind, die Menschen früher aufgefangen haben: Die Kirche etwa, oder soziale Netzwerke (und damit ist nicht Facebook gemeint). 

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Kommentare 3
  1. Silvio Andrae
    Silvio Andrae · vor mehr als 3 Jahre

    Bettet sich dieses Thema nicht ein in die viel grundsätzlichere Frage, wonach wir in der Phase der spätmodernen Kultur eine kulturelle Desintegration erleben? Wir beobachten einen Egoismus des Einzelnen gegenüber den Institutionen. Die Individuen bestehen auf ihre Rechte und Wünsche. Die Normen und Pflichten der Institutionen werden hingegen als Einschränkungen der individuellen Möglichkeiten aufgefasst. Und hier schließt sich der Kreis zu Georg Schomerus, der das Verschwinden von Systemen und Institutionen zu Recht konstatiert. Insofern erscheint es mir sinnvoll, noch besser von einer soziokulturellen Krise zu sprechen.

  2. Fabian Peltsch
    Fabian Peltsch · vor mehr als 3 Jahre

    Eine interessante, wenn auch kontroverse weiterführende Lektüre zum Thema "fehlende Auffangsysteme" ist das Buch "Der Welt nicht mehr verbunden" von Johann Hari. https://www.buecher.de...

    1. Monika Kienle
      Monika Kienle · vor mehr als 3 Jahre

      Ich fand das Buch sehr, sehr gut, weil es den Hintergrund, auf dem psychische Erkrankungen entstehen bzw. heilen, darstellt. Es ist gleichzeitig eine rigorose Kritik an der Art wie wir vor allem Depressionen und damit auf Suchterkrankungen behandeln und an der Pharmaindustrie, die ihre Medikamente besser eingestuft bekommt, als sie tatsächlich sind. Dazu noch May Thi:
      https://www.youtube.co...

      Und trotzdem sind Medikamente und Behandlung dringend notwendig.

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