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Pop und Kultur

Taylor, Britney und Co: Die Macht der Rockisten bröckelt

Martin Böttcher
Journalist, Sammler
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Martin BöttcherMittwoch, 01.12.2021

Fangen wir mal lateinisch an: De gustibus et coloribus non est disputandum – über Geschmack (und Farben) kann man nicht streiten. Ist klar. So, wie es nicht die richtige Farbe gibt, gibt es auch nicht den richtigen Geschmack! Denn wie soll man auch beweisen, dass ein bestimmtes Geschmacksempfinden das richtige ist, ein anderes aber falsch? Andererseits: Ist ein Schlager-Song, auch wenn er etliche Menschen emotional berührt, genauso wertvoll wie, sagen wir mal, Beethovens 9.? Oder, und damit kommen wir zum Thema, macht Taylor Swift schlechtere Musik als Bruce Springsteen?

Die Rock- und Popkritik lebt natürlich davon, Geschmacksfragen zu diskutieren und zu entscheiden. Scheinbar objektiv gehen Daumen hoch oder runter, werden Punkte oder Sterne oder Wertungen wie "Hit", "Niete", "Geht in Ordnung" vergeben. In der Vergangenheit waren diese Kritiker wirklich meistens Kritiker, also Männer. Und auch die Meinung der Fans hat keine große Rolle gespielt. Aber das hat sich geändert: Social Media hat nicht nur der Musikpresse insgesamt übel mitgespielt, sondern der Meinungselite die Deutungshoheit aus der Hand genommen. Was das für Folgen vor allem für Musikerinnen hat, darüber schreibt Nadia Shehadeh fürs Neue Deutschland.

Nadia Shehadeh nimmt dabei die ganz unterschiedlichen Fälle von Britney Spears, Taylor Swift, Lindsay Lohan und anderen zum Anlass, das Popzeitalter der Selbstermächtigung auszurufen. Künstlerinnen, die von der Kritik als billig oder geschmacklos betrachtet wurden, die nur von den Fans gefeiert wurden, bekommen jetzt endlich die Anerkennung, die sie verdienen – weil sich eben die Deutungshoheit verschoben hat:

Die Selbstermächtigungserfolge zeigen vor allem eins: Wer denkt, dass die unfairen Stempel, die einigen Künstlerinnen unrühmlich aus sexistischen und anderen Gründen vor zehn, fünfzehn Jahren, verpasst wurden, nicht wegzukriegen sind, der hat die Rechnung ohne die Fans gemacht.

Natürlich werden wir Popkritiker*innen auch in Zukunft sagen, wen und was wir für gut und was für schlecht befinden. Aber wir sind schon länger nicht mehr eine eher homogene Gruppe aus weißen, mit Rock-Kriterien urteilenden Männern, sondern diverser als früher. Und das nimmt hoffentlich weiter zu. Nadia Shehadehs Text ist auch in dieser Hinsicht wichtig.

Taylor, Britney und Co: Die Macht der Rockisten bröckelt

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