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Zeit und Geschichte

Gestern & Heute: Vukovar und das Ende Jugoslawiens

Achim Engelberg
schreibt, kuratiert, gibt heraus
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Achim EngelbergFreitag, 24.09.2021

Vor 30 Jahren kam der Krieg nach dem Katastrophenzeitalter wieder nach Europa: Die Zerfalls- und Aufteilungskriege der 1990er Jahren zerstörten den Vielvölkerstaat Jugoslawien.

Zeitgleich implodierte die Sowjetunion und es kam teilweise zu Kriegen.

Der Beitrag von dem ungemein lesenswerten Romancier Drago Jančar ist ein Teil einer Serie, die auf voxeurop.eu zu lesen ist und die Erinnerungen an den ermordeten Staat Jugoslawien mit Einblicken in das Archipel der Nachfolgestaaten verbindet.

Auf Jugoslawien blicke ich manchmal mit Nostalgie zurück, manchmal mit Wut. Mit Nostalgie all seiner kulturellen Vielfalt und der Freunde wegen, mit Wut wegen der Diktatur und der dummen Politiker, die über sie herrschten. Wäre Jugoslawien eine Demokratie gewesen, wäre es aller Wahrscheinlichkeit nach nicht zerfallen.

In einem anderen, älteren, aber noch frischen Text beleuchtet der Schriftsteller Dragan Velikić den Untergang Jugoslawiens. Vor 30 Jahren, genau vom 14. September bis 20. November 1991, tobte die Schlacht um Vukovar. Danach war der Zerfall nicht mehr aufzuhalten.

Auch dieser Text ist Teil eines Projekts: Geschichte im Fluss. Flüsse als europäische Erinnerungsorte. Die Donau, an der Vukovar liegt, ist nun hier kein verbindender Fluss mehr wie ich es unlängst selbst erlebte.

Die Donau – ein Fluss, der in der Ebene nicht geradeaus strömt, sondern mäandert und sich auf Flussarme aufteilt – könnte als ein Fluss des gescheiterterten Zusammenlebens der Kulturen bezeichnet werden. Zusammenleben der Kulturen: ein Wort, das auf beiden Ufern auf Missbilligung stößt.

Die inneren Widersprüche Jugoslawiens waren gravierend, aber die Nachfolgestaaten sind nun wieder im Fadenkreuz großer Mächte. Im 19. Jahrhundert war das schon einmal der Fall und damals war es der Gang in ein Katastrophenzeitalter.

Geschichte wiederholt sich nicht, aber sie vollzieht sich in Variationen. Deshalb sollte uns das hellhörig machen.

Der Balkan fiel nach dem 11. September 2001 aus dem Fokus der medialen Aufmerksamkeit; vieles stagnierte oberflächlich und gärte untergründig. Nach den Ausschreitungen in Montenegro bemerkte Max Brändle, der Leiter des Büros der Friedrich-Ebert-Stiftung Belgrad:

Die aktuellen Entwicklungen in Montenegro verdeutlichen jedoch das Gewaltpotential der nationalistischen Konflikte in Südosteuropa. Die Bilder von brennenden Barrikaden, schwer bewaffneten Polizeikräften und wütend aufgebrachten Menschen rufen bei vielen Menschen Erinnerungen an die Gewaltexplosionen auf dem Balkan in den 1990er Jahren wach.

Der Region könnten bald wieder interessante Zeiten bevorstehen, wenn sich die inneren und äußeren Widersprüche verbinden – im Sinne des bekannten Fluchs: Mögest du in interessanten Zeiten leben!

Gestern & Heute: Vukovar und das Ende Jugoslawiens

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