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Churchills zweifelhafter Berater und Freund im Zweiten Weltkrieg
Historikerin
Historikerin am Hamburger Institut für Sozialforschung.
Letztes Buch: Ein Vergleich über politische Wahlen in den USA und in Preußen (Spoiler: Es gibt verblüffende Parallelen): http://www.hamburger-edition.de/verlag/9010/programm/detailseite/publikationen/moderne-wahlen/
Wer den kitschigen, nationalistischen, sexistischen Film "Darkest Hour" über den Premierminister gesehen hat und wer zugleich die britische Serie "The Crown" kennt, weiß jetzt ganz genau, wer und wie Winston Churchill war: ein polternder, überaus beherzter, liebenswürdiger, Zigarre rauchender, Gott-sei-Dank-auch-auf-seine-vernünftige-im-Hintergrund-wirkende-Ehefrau-hörender, die Welt rettender, großartiger, seine hübschen Sekretärinnen verzaubernder und mit Badewasser bespritzender (ja, all das fehlt in keinem Film) Held.
Helden und andere Mythen sind der Stoff für den Podcast "Revisionist History" des kanadischen Journalisten und New-Yorker-Autors Malcolm Gladwell. In jeder Sendung zeigt Gladwell ein Stück der Vergangenheit, wie wir es noch nicht gesehen haben (wirklich!). In dieser Folge also geht es um Churchill – und vor allem um dessen Intimfreund und wichtigsten Berater Frederick Lindemann. Lindemanns Verdienste als entschiedener Nazi-Gegner sind bekannt und unumstritten. Doch Gladwell verdeutlicht, welchen fatalen Einfluss Lindemann darüber hinaus auf Churchill hatte. So riet Lindemann dem Premierminister, die Zivilisten in deutschen Städten zu bombardieren – gegen den Rat fast aller anderen – und gegen die damals schon vorliegende, recht überzeugende Evidenz von Untersuchungen aus bombardierten Städten, dass diese Kriegsführung nicht zur Zermürbung der Menschen führen würde.
Die Missachtung von menschlichem Leben betraf nicht nur den Kriegsgegner. Lindemann empfahl dem britischen Premierminister, Vorräte und Materialien während des Krieges umzudispositionieren, wodurch es – absehbarer Weise – zu einem fatalen Mangel in Indien kam. Damit trug Lindemann wesentlich zu der Hungersnot in dieser Kolonie bei, bei der drei Millionen Menschen starben. Für den Krieg und die Versorgung der britischen Bevölkerung war diese Umdispositionierung nicht notwendig gewesen.
Quelle: Malcolm Gladwell EN revisionisthistory.com
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