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Kurator'in für: Flucht und Einwanderung Literatur Fundstücke Zeit und Geschichte
Dissertation über John Berger (Dr. phil.). Seine Essays und Interviews, seine Reportagen und Rezensionen erscheinen u. a. in Neue Zürcher Zeitung, Blätter für deutsche und internationale Politik, Sinn und Form, Jacobin und Lettre International. Als Historiker wertet er den in der Berliner Staatsbibliothek vorliegenden Nachlass seines Vaters aus. So erschienen »Die Bismarcks. Eine preußische Familiensaga vom Mittelalter bis heute« (2010, zusammen mit Ernst Engelberg) oder die von ihm herausgegebene Neuedition von Ernst Engelbergs »Bismarck. Sturm über Europa« (2014). Als Buchautor publizierte er zuletzt das literarische Sachbuch »An den Rändern Europas« (2021).
Elisabeth Bronfen lebt in zwei und damit auch zwischen den Kontinenten. Das war ihr als Tochter einer deutschen Mutter und eines jüdisch-amerikanischen Vaters schon in die Wiege gelegt.
Der Anlass des Gesprächs ist das Erscheinen des ersten Romans der renommierten Kulturwissenschaftlerin. "Händler der Geheimnisse" (hier bei yourbookshop) umkreist diese Familiengeschichte zwischen Zweitem Weltkrieg und Kaltem Krieg, zwischen Deutschland und den USA.
Das Auf- und Anregende des Interviews ist wie weit sich Elisabeth Bronfen vom Roman entfernt und doch bei diesem bleibt.
Mein Drang ist, in Widersprüchen zu denken.
Gerade in Zeiten der Unsicherheit halten viele an überkommenden Meinungen fest und sind blind für Ambivalenzen. Ein geistiges Trainung für Anfänger und Fortgeschrittene gibt es hier zu hören.
Wer das weite Feld von Bronfen Aktivitäten kennenlernen möchte, wird auf ihrer Webseite fündig, wo es auch Artikel gibt, die ansonsten nicht frei zugänglich sind und ihr weites Feld zwischen Shakespeare und Netflix zeigt.
Im Gespräch erzählt sie auch viel von ihren geschichtlichen Erfahrungen, so vom weit verbreiteten Antisemitismus, den ihr Vater, aber auch sie in den USA erlitt. Auch anderen Rassismus erlebte sie.
Ein besonders eindrückliches Stück ist wohl deshalb dieser Text aus der Schweizer Republik "Die Sklaverei erzählen".
Es ist eine profunde Einführung in das Werk der 2019 verstorbenen Toni Morrison über das Thema Rassismus gestern und heute.
Mit Literatur eine traumatische Geschichte verständlich zu machen. Die Kunstform des Erzählens ist gemäß der Autorin dafür besonders geeignet; weil sie mithilfe von Verschiebungen, Verdichtungen und Auslassungen einen Raum für kritisches Denken zu schaffen vermag. Ästhetische Formalisierung erzeugt die Distanz, die nötig ist für Reflexion. Sie ermöglicht aber auch eine teilnehmende Sympathie mit Erfahrungen, zu denen die Leserinnen aus ihrer eigenen Geschichte keinen Bezug haben.
Wie alle klassischen Autoren arbeitete Toni Morrison hart an und in der Sprache, suchte verschiedene Ebenen in Schwingung zu bringen.
Bronfen gibt Beispiele:
Von ihr habe ich gelernt, die doppelte Bedeutung hochzuhalten, die das englische Wort possession hat: zum einen der Besitz und der Wunsch, dass das eigene kulturelle Erbe als wertvolle Habe anerkannt wird. Zum anderen, als dessen Kehrseite, die Besessenheit und die Heimsuchung durch die Dämonen, die ein Sich-Einlassen auf die Vergangenheit notgedrungenermaßen begleiten.
Diesen Geist findet man auch im aktuellen Gespräch im Deutschlandfunk, wo auch ihre feministische Seite markant vorkommt. Etwa im Buch „Nur über ihre Leiche“, das ihr Durchbruch war.
Bis heute schreibt sie und behandelt Elisabeth Bronfen die Ränder unserer Wahrnehmungen, dort, wo das Verdrängte beginnt.
Quelle: Elisabeth Bronfen, Tanja Runow www.deutschlandfunk.de
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