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Zeit und Geschichte

Kann und sollte man die heutige Zeit mit den 1920ern vergleichen? Und falls ja, was bringt das?

Dirk Liesemer
Autor und Journalist
Zum Kurator'innen-Profil
Dirk LiesemerMontag, 27.01.2020

Ein aufschlussreiches Interview mit dem Zeithistoriker Martin Sabrow zur Frage, was historische Vergleiche leisten können - und was nicht. Gepiqd habe ich das Interview nicht zuletzt deshalb, weil solche Vergleiche seit einiger Zeit sehr en vogue sind und oft zu allerlei merkwürdigen Schlussfolgerungen und diffusen Ängsten führen. Man denke nur an die auch hier auf piqd geführte Debatte, ob mit dem Aufstieg der AfD auch wieder "Weimarer Verhältnisse" anbrechen könnten, wobei immer unklar bleibt, was man denn nun genau unter solchen Verhältnissen verstehen sollte.

Zwei Zitate aus den Interview möchte ich als Appetizer hier einmal herausstellen:

Aber der historische Vergleich wird schnell auch trügerisch. Geschichte wiederholt sich nicht. Sie kann es schon deshalb nicht, weil die Zeitgenossen vor 100 Jahren sich auch wieder an einem anderen historischen Beispiel orientiert haben.

Der unreflektiert verwendete Weimar-Vergleich kann auch zum alarmistischen Problemverstärker werden, der die Gefahr noch schürt, die er abwehren will werden.

So ganz sollten wir aber auch nicht auf Vergleiche verzichten: Sie können uns nicht nur dabei helfen, unsere Vergangenheit klarer zu sehen, sondern auch die Gegenwart.

Kann und sollte man die heutige Zeit mit den 1920ern vergleichen? Und falls ja, was bringt das?

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Kommentare 1
  1. Achim Engelberg
    Achim Engelberg · vor mehr als 4 Jahre

    Schönes Interview.

    Gut gefällt mir auch seine Spekulation über das Heute:
    "Der Epochenschnitt aber bildet den Sehepunkt, von dem der Historiker zurückblickt. Gleichwohl wage ich die Prognose, dass wir aus der Perspektive der Nachgeborenen in einer Zeit des elektrifizierten Biedermeier leben."

    Gut fand ich auch den Spiegel-Essay vom Krimiautor Volker Kutscher, den es nur hinter der Bezahlmauer zu lesen gibt, und der so endet:
    "Dass es schwieriger wird, dass man sich in der Politik (und im Alltag) mit Rassisten auseinandersetzen muss, bedeutet nicht gleich das Ende der Demokratie. Geschichte wiederholt sich nicht, und das ist gut so. Die Zukunft ist offen. Es liegt an uns allen, wie sie aussehen wird.
    Die Weimarer Republik trug ihr Scheitern nicht von Anfang an in sich, sie musste nicht zwangsläufig in die Nazidiktatur münden. Dass sie es dennoch tat, sollte uns zu denken ge-ben."

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