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Zeit und Geschichte

Unpiq: 200 Jahre Marx - und kein Ende

Achim Engelberg
schreibt, kuratiert, gibt heraus
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Achim EngelbergDienstag, 05.06.2018

Wer Geschichte über Gedenktage erinnert, gerät in Gefahr, aus ihr nichts zu lernen. Vor einem Monat, am 5. Mai, war der 200. Geburtstag von Karl Marx. Im ausgewählten Interview mit Hubertus Knabe findet man im Konzentrat die Vorurteile, die in den letzten Wochen verstärkt herumwaberten:

Die platte Vorstellung, dass jede Gesellschaft in zwei Klassen, in Gut und Böse zerfällt, stammt von Marx.

Falsch, bereits im Kommunistischen Manifests heißt es:

In den früheren Epochen der Geschichte finden wir fast überall eine vollständige Gliederung der Gesellschaft in verschiedene Stände, eine mannigfaltige Abstufung der gesellschaftlichen Stellungen. Im alten Rom haben wir Patrizier, Ritter, Plebejer, Sklaven; im Mittelalter Feudalherren, Vasallen, Zunftbürger, Gesellen, Leibeigene, und noch dazu in fast jeder dieser Klassen besondere Abstufungen. Die aus dem Untergang der feudalen Gesellschaft hervorgegangene moderne bürgerliche Gesellschaft hat die Klassengegensätze nicht aufgehoben.

Nicht das "Ende der Freiheit des Individuums" wird von Marx (und Engels) propagiert, sondern dessen Befreiung, weil:

In der bürgerlichen Gesellschaft ist das Kapital selbständig und persönlich, während das tätige Individuum unselbständig und unpersönlich ist.

Das beste Mittel gegen üble Nachrede ist Lektüre. Treffend bilanziert Gerd Koenen die Wirkung von Marx

in den intel­lek­tu­ellen Debatten im Westen, weit mehr jeden­falls als im ehemals staat­li­chen Marxismus-Leninismus des Ostens. Weder die moderne Sozio­logie und Sozi­al­ge­schichte seit Max Weber noch die Ökonomie seit Schum­peter und Keynes, die sich auf den zeit­ge­nös­si­schen Kapi­ta­lismus als ein globales, dyna­mi­sches, alles umwäl­zendes und ratio­na­li­sie­rendes System einge­lassen haben, wären ohne den Marx’schen Anstoß denkbar gewesen. ... Im Endergebnis, so der Marx-Biograph Francis Wheen, „haben weite Teile des west­li­chen Bürger­tums Marx’sches Gedan­kengut in ihren Ideen­haus­halt aufge­nommen, ohne es je bemerkt zu haben.“

Unpiq: 200 Jahre Marx - und kein Ende

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