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Zeit und Geschichte

Unpiq: Der Nationalsozialismus war kein Sozialismus

Achim Engelberg
schreibt, kuratiert, gibt heraus
Zum Kurator'innen-Profil
Achim EngelbergFreitag, 28.06.2019

Über Enteignungen und Sozialismus wird wieder gesprochen - hierzulande, ja selbst in den USA.

Das ruft Gegenstimmen hervor. Der Beitrag bündelt viele der Ansichten und bisher kippten ja viele Sozialismusversuche ins Autoritäre.

Allerdings war die Nazi-Diktatur kein sozialistischer Staat, wie nun öfters behauptet, sondern ein kapitalistischer.

Das große Kapital profitierte von der Gewaltherrschaft - durch Zwangsarbeit und Enteignungen von jüdischem Besitz. Im Gegenartikel heißt es treffend:

Fast alle politischen Kräfte wollten unmittelbar 1945 deutsche Firmen sozialisieren. Die Möglichkeiten dazu sind in Länderverfassungen und im Grundgesetz der Bundesrepublik festgeschrieben. Damals war die Verstrickung deutscher Firmen mit dem Nationalsozialismus allgemein bekannt. Antifaschismus beinhaltete auch Antimonopolismus. Dass schließlich kaum sozialisiert wurde, hing mit dem Ausbruch des Kalten Krieges zusammen.

Es gibt zahlreiche sprechende Beispiele: Überall waren die Unternehmen - auch in Auschwitz - allianzversichert. 1944 war die Hälfte der 100.000 Menschen umfassende Daimler-Belegschaft Zwangsarbeiter. Viele Unternehmen vervielfachten ihren Umsatz - Siemens verfünffachte ihn. Das Vermögen der Industriellenfamilie Quandt, die als reichste Familie Deutschlands gilt, basiert auf Zwangsarbeit und der Enteignung jüdischen Besitzes.

Brosamen vom Herrentisch heißt ein Buch des Wirtschaftswissenschaftlers Thomas Kuczynski, das auf seinem Gutachten aus dem Jahre 1999 fußt, in welchem er errechnete, dass Deutschland den Zwangsarbeitern 180 Milliarden DM an vorenthaltenem Lohn schulde. Dazu kommen die Leiden, an diesen trugen viele ein Leben lang schwer. Sogar im Bundestag diskutierte man darüber, aber am Ende erhielten die Überlebenden lediglich 10 Milliarden.

Die Stimmen, die Nazi-Diktatur und Sozialismus gleichsetzen, sind Wärter des Marktfundamentalismus.

Gerade verstieg sich einer in die These, nicht der Berliner Senat ist Erfinder des Mietendeckels, sondern Adolf Hitler.

Unpiq: Der Nationalsozialismus war kein Sozialismus

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Kommentare 26
  1. Thomas Wahl
    Thomas Wahl · vor mehr als 5 Jahre

    Danke für den spannenden Artikel. Er enthält viele nachvollziehbare Argumente, auf die man aber auch eingehen sollte. Das in den deutschen Unternehmen der Nazizeit Zwangsarbeiter beschäftigt wurden, das spricht doch nicht gegen das Argument, es sei eine Art Sozialismus gewesen. Genau sowenig wie die Tatsache, dass die Unternehmensbesitzer nach 1945 die volle Verfügbarkeit über ihre teilweise total zerstörten Unternehmen zurück bekamen. Und die Tatsache, das der entgangene Lohn nicht nachgezahlt wurde, die gilt wohl für die Gulak-Häftlinge ebenfalls. Und die Verstrickung vieler Unternehmer in das System, die trifft auf gefühlt 90 % aller Deutschen zu. Auch wenn es hinterher keiner gewesen sein wollte.

    Den Satz „Die Stimmen, die Nazi-Diktatur und Sozialismus gleichsetzen, sind Wärter des Marktfundamentalismus.“ - halte ich für reine Polemik ohne jede inhaltliche „Beweiskraft“. Das ist so auf dem Niveau, wer den Sozialismus will, ist ein Wächter der Unfreiheit oder des Stalinismus. Haben doch alle Versuche ihn zu realisieren dort hingeführt.

    Der Artikel zum Mietendeckel behauptet übrigens auch nicht, es sei Adolf Hitler gewesen, der ihn erfunden hat. Knabe sagt, es waren die Nationalsozialisten, die ihn 1936 erstmals (?) eingeführt haben. Falls das falsch ist, kann man es ja widerlegen. Offensichtlich wurde dieses Instrument genutzt. Auch wenn die Wohnungsbesitzer nicht enteignet waren. Oder?

    Eigentlich sind solche Diskussionen ermüdend, ob nun eine konkrete Gesellschaft komplett, oder zu 25% oder zu 50% entweder kapitalistisch bzw. sozialistisch sind/waren. Reale Gesellschaften entsprechen nie den Idealisierungen oder Abstraktionen unserer Theorien/Ideologien. Das werden wir nicht wegdiskutieren und nicht wegmoralisieren. Aber wir könnten aus der Vergangenheit und den Folgen unserer Umsetzungsversuche lernen.

    1. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor mehr als 5 Jahre

      Wenige Anmerkungen, da ja viele Antworten hier schon gegeben sind.

      Es gibt in im Unpiq + den Antworten genügend Beweise, dass die Nazi-Gewaltherrschaft kein Sozialismus war.

      Abschließend noch ein Buchtipp:
      https://www.matthes-se...

      Wo die Konzerne so entscheidend sind, kann es keinen Sozialismus geben.

      Auch aufgrund der Diskussion habe ich in meinem nachfolgenden Piq ein ausgezeichnetes Stück aus der ARD-Mediathek vorgestellt, in dem klar wird, warum Marx den Ausdruck Kapitalismus in seinen Hauptwerken nicht verwendete.

      In seiner Publizistik/Journalismus musste er wie wir auch stärker vereinfachen.

      Natürlich gibt es keine Gesellschaften, in der nicht Altes oder auch Zukünftiges enthalten ist, aber es gibt vorherrschende Verhältnisse.

      Natürlich ist das zugespitzt formuliert:
      „Die Stimmen, die Nazi-Diktatur und Sozialismus gleichsetzen, sind Wärter des Marktfundamentalismus.“
      Ich ändere es sofort, wenn man mir ein Gegenbeispiel nennt.

    2. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor mehr als 5 Jahre · bearbeitet vor mehr als 5 Jahre

      @Achim Engelberg Nun ja, Beweise in dem Sinne habe ich nicht gefunden. Aber Dissens muß auch sein. Ich würde übrigens Götz Aly „Hitlers Volksstaat. Raub, Rassenkrieg und nationaler Sozialismus“ empfehlen. https://de.m.wikipedia...
      Aly ist sicher auch kein Wächter des Marktfundamentalismus.
      ; - )

    3. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor mehr als 5 Jahre

      @Thomas Wahl Das Buch habe ich nicht gelesen, obwohl es Wellen schlug, da mir Freunde, die über diese Zeit forsch(t)en, abrieten, da es zu viele Fehler enthalte.

      Aly erklärt im Link seine Kritiker so:
      „Das Unbehagen an meiner These mag damit zusammenhängen, dass ich in der Struktur der nationalsozialistischen Steuer- und Sozialpolitik ein linkssozialdemokratisches Grundmuster erkenne."

      Da scheint die sozialdemokratische Umverteilung im Kapitalismus gemeint sein. Oder?

    4. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor mehr als 5 Jahre · bearbeitet vor mehr als 5 Jahre

      @Achim Engelberg Der (nicht immer faire) Wettbewerb unter Forschern in ähnlichen Feldern ist ja bekannt. Einige solche Vorwürfe kenne ich auch. Ich wollte mich allerdings schon selbst vergewissern. Und ich finde Alys Argumente und Belege nachvollziehbar.
      Nein, das heißt nicht zwangsläufig, das linkssozialdemokratische Sozialpolitik im reinen Kapitalismus gemeint ist oder dort stattfinden muß. Auch der reale Sozialismus wurde nicht an einem Tag erbaut und der Kapitalismus nicht an einem abgeschafft. Sprach Marx nicht von einer Übergangsperiode und die DDR hat ja wohl auch pö a pö verstaatlicht. Ich denke auch nicht, das Nationalsozialisten und Sozialdemokraten den gleichen „Sozialismus“ wollten, das behauptet auch Götz Aly nicht. Sie sind nicht gleich, sie hassen sich, es gibt große Unterschiede, aber es gibt wohl in einigen Punkten strukturelle Ähnlichkeiten in Methoden und Zielen. Und die Ähnlichkeit besteht sicher nicht im Marktradikalismus. Auch die These, der Faschismus sei die extremste Form des Kapitalismus hinkt.
      Davon mal abgesehen, auch die Linken Sozialdemokraten wollen wohl nicht den sofortigen vollendeten Sozialismus.

      Egal, letztendlich ist es m.E. ein Streit um Begriffe. Ob es letztendlich mehr Kapitalismus oder mehr Sozialismus war. Die Welt ist nicht so Dual und eindimensional, wie uns China gerade wieder zeigt ....

  2. Christoph Weigel
    Christoph Weigel · vor mehr als 5 Jahre

    zitat g. reisman: "roy cohn and joe mccarthy will be redeemed when the people have taken back their government from the criminal alliance of communists, cocialists, new dealers and the eisenhower-dewey republicans." in 'One Enchanted Evening', Time Magazine (8/9/1954) (https://en.wikiquote.o...). tut gut, sich diesen kalten-kriegs-jargon mal wieder im O-ton anzutun, damit der nicht in vergessenheit gerät. gerade jetzt, wo solche sprache wieder hervorgeholt wird, und eventuell neu und originell erscheinen könnte. danke für's unpiq!

    1. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor mehr als 5 Jahre

      Danke, gern geschehen.

  3. Nutzer gelöscht
    Nutzer gelöscht · vor mehr als 5 Jahre · bearbeitet vor mehr als 5 Jahre

    Ich sehe beide Positionen in ihren jeweiligen Absichten gefangen und dadurch absolut unsauber. Der Nationalsozialismus war kein Sozialismus, nur weil von ihm Kapitalisten profitiert haben? Diese Behauptung versteigt sich m.E. ebenso sehr im Leugnen damaliger struktureller Ballung ökonomischer Macht des Nazistaates über Ressourcen- und Produktallokation, wie sich George Reisman im Artikel versteigt, indem er versucht dem Sozialismus Merkmale der totalitären Nazidiktatur zuzuschreiben. Für die Analyse aktueller politischer Vorschläge verbieten sich m.E. in ihrer Radikalität beide Ansätze, denn sie sind nur dazu geeignet, Ideen schon im Vorfeld zu diskreditieren.

    1. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor mehr als 5 Jahre

      Wie kann etwas Sozialismus sein, in dem die großen Vermögen der Konzerne sich vervielfachen?

      Wer leugnet denn die strukturelle Ballung ökonomischer Macht im Nazistaat? Diese war damals besonders stark, das ist aber oft so in einer Kriegsökonomie. Davon waren aber die grundlegenden Strukturen nicht betroffen, weshalb viele nach dem Zweiten Weltkrieg Konzerne sozialisieren wollten. Anzeichen davon findet im Grundgesetz, das bekanntlich noch gilt und dessen Anwendung heute diskutiert wird.

    2. Georg Wallwitz
      Georg Wallwitz · vor mehr als 5 Jahre

      @Achim Engelberg Wie das sein kann? Man nennt es Staatsmonopolkapitalismus. Mit freien Märkten hat dieser aber aber nichts zu tun.

      Vielleicht hilft es, sich vom Schlagwort „Kapitalismus“ der alles bedeuten kann zu lösen und besser definierbare, weniger missbrauchte Begriffe zu benutzen.

    3. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor mehr als 5 Jahre

      @Georg Wallwitz Den Begriff "Kapitalismus" ist nicht wegzubekommen. Ich machte schon mehrfach darauf aufmerksam, dass Marx ihn in seinem Hauptwerk nicht verwendet. (Siehe erste Seite von Das Kapital. Band 1)
      Aber Begriffe muss man sich wahrscheinlich als umkämpfte vorstellen:
      "Schon in Bertolt Brechts „Flüchtlingsgesprächen“ galt Hegels „Die große Logik“ als „eines der größten humoristischen Werke der Weltliteratur. Es behandelt die Lebensweise der Begriffe, dieser schlüpfrigen, unstabilen, verantwortungslosen Existenzen; wie sie einander beschimpfen und mit dem Messer bekämpfen und sich dann zusammen zum Abendessen setzen, als sei nichts geschehen.“ Begriffe sind hier auch stets Griffe, mit denen unterschlagene Wirklichkeit öffentlich gemacht oder in die umkämpfte Realität interveniert wird. "

      Wie willst Du mit dem Schlagwort "Staatsmonopolkapitalismus" die private Bereicherung erklären? Und wie, warum eine Mehrheit, die Zerschlagung privater Monopole auf die Tagesordnung setzen wollten?

      Immerhin kam die Möglichkeit ins Grundgesetz.

    4. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor mehr als 5 Jahre

      @Achim Engelberg Ach als Nachtrag noch mein Beitrag aus dem die Passage mit dem Brechtzitat stammt:
      https://www.blaetter.d...

      Und noch ein anderes Zitat, das aus dieser Diskussion stammt:

      „Wer aber vom Kapitalismus nicht reden will, sollte auch vom Faschismus schweigen.“

      Max Horkheimer entwickelte sich mit dieser Haltung zu einem führenden Intellektuellen der alten Bundesrepublik, zum Ehrenbürger der Stadt Frankfurt am Main und nach ihm ist mittlerweile eine Straße benannt.

    5. Holger Lindner
      Holger Lindner · vor mehr als 5 Jahre

      @Georg Wallwitz Es ist ja so, wie @Hansi.Trab schon anmerkte, die Begriffe "Kapital" und "Sozialismus" werden schon länger nicht mehr sauber definiert, sondern streiten sich in s/w denken, und so betören diese immer noch die Zeit, wie ein unzulänglich Wahres. Was man unter "Kapitalismus" meint zu verstehen ist im Grunde genommen der Handel mit Mensch, Maschine, Material, Geld, unter Verwendung des Hilfsmittel Geld. Kurz: Export/Import.

      Diese Künstler (Kaufleute) findet man zB im HGB geordnet und geregelt. Heute in der modernen Form bei der IHK (Industrie&Handelskammer) angesiedelt.

      Der ursprüngliche "Kapitalist" ist im wesentlichen nur der "Hersteller" einer Sache, sprich ein "Handwerker" aus der Gilde. Der das Können und den Kopf (Capito) dazu hat, Dinge die das Leben smarter machen zu tun (Arbeitsteilung). Diese findet man dato noch unter den Label HWK (Handwerkskammer). Das er sein Tagewerk auch verkaufen und anbieten kann, geschenkt.

      Der "Sozialismus" hingegen ist schlicht und einfach nur die "Regierungsform" die das ganze Treiben in einer gewissen Steuerung und Regelung organisieren will. Und nun ist zu differenzieren, wie diese Regierungsform des Sozialismus den sozialen Organismus (Gesellschaft) unter Steuern und Regeln organisiert.

      Dh wie viel Freiheitsgrade lässt die sozialistische Regierungsform dem Ur-Kapitalisten sprich Handwerker, wie viel der Industrie, und wie viel der Handelskammer. Und wie viel privates Eigentumsrecht kann der Sozialismus dem Schaffenden zur Verwaltung überlassen (sprich Erhaltung durch Eigenverantwortung).

      Ich hatte das schon beim Piqer Lübberding geschrieben: Jeder der am "Markt" teilnehmen will, muss eine staatliche Lizenz dafür haben, es auch tun zu dürfen. Das nur die Kurzform, ist aber so. An diesem Markt nimmt jede sozialistisch geprägte Regierungsform in Form von Steuern und Abgaben Teil. Die "freie" Preisbildung existiert ebenfalls nicht (Wucher). Auch werden die Preise notwendiger Weise durch Steuern / Abgaben erhöht, ohne eine Mehrwert zu erhalten, damit die, die vom Staat mit Bonität (Einkommen) versorgten, auch am Markt Teilhaben können und der Staat auch wiederum Teile des Marktes Subventionieren kann. Auf die ganzen Dienstleister wie Steuerberater, Advokaten, etc.pp. gar nicht einzugehen.

      Natürlich war das dritte Reich genau so sozialistisch, wie Frankreich nach 1789 ... auch ist es den Franzosen seit 1870-1871 zu verdanken, dass das Kaiserreich, durch die Kriegserklärung der Franzosen, sich bilden konnte. Darauf hin verhängte Bismarck das "Sozialistengesetz" Verbot der "Sozialdemokratie und Kommunismus", um das Kaiserreich nämlich genau vor den "Sozialisten" zu schützen.

      Dass das Regime 33-45 verbrecherisch war, kein Thema, soll auch nicht relativiert werden, aber das auf Ausbeutung ausgerichtete Wirtschafts/Handelssystem mit moralischen Aspekten zu untermauern, ist nie von Erfolg gekrönt. Dient nur der Empörung mehr nicht.

      Das "deutsche" Wesen (Berufsausbildung) kam nämlich immer noch aus dem "Kaiserreich" hervor. Auf wirklichen Kapitalismus beruhend, dem Können, das Handwerk. Genau das hat sich nicht nur die NSDAP zu Nutze gemacht, sondern auch die SDAP Vorgängering der heutigen SPD.

      Auch Stalin war eine Bestie

    6. Christoph Zensen
      Christoph Zensen · vor mehr als 5 Jahre · bearbeitet vor mehr als 5 Jahre

      @Georg Wallwitz Das Spiel mit den Begriffen. Am schlimmsten hat es doch die INSM gespielt und den Begriff "Soziale Marktwirschaft" verbraucht.

    7. Nutzer gelöscht
      Nutzer gelöscht · vor mehr als 5 Jahre · bearbeitet vor mehr als 5 Jahre

      @Achim Engelberg Wie kann etwas Kapitalismus sein, das seine treibende Kraft aus der Ablehnung und Verteufelung des internationalen "Großkapitals" schöpft(e) und die Überwindung der durch die Industrialisierung geschaffenen sozialen Verhältnisse als vorderstes Ziel eines nationalen Sozialismus ausrief? Und wie will man übersehen, dass Neonazis sich diese Form der Kapitalismuskritik noch heute mit großen Teilen der Linken teilen?

      Diese Zusammenführung der Nation mit dem Sozialismus muss natürlich deutlich von einem internationalen Sozialismus marxistischer Prägung unterschieden werden aber sie war eine eigenständige Form der Kapitalismuskritik, welche die Nationalsozialisten gekapert und für Ihre Zwecke umgedeutet haben. Einen guten Überblick über die Entstehungs/- Ideengeschichte bietet Christoph H. Werth in "Sozialismus und Nation".

      https://www.zvab.com/s...

    8. Nutzer gelöscht
      Nutzer gelöscht · vor mehr als 5 Jahre · bearbeitet vor mehr als 5 Jahre

      (in Antwort auf gelöschten Kommentar) Schau an, der in der Inhaltsangabe zitierte ZEITartikel von Kurt Sontheimer aus dem Jahr 1997 ist sogar noch online und gibt eine zwar ziemlich geraffte aber trotzdem gut verständliche Einleitung.

      https://www.zeit.de/19...

    9. Nutzer gelöscht
      Nutzer gelöscht · vor mehr als 5 Jahre · bearbeitet vor mehr als 5 Jahre

      (in Antwort auf gelöschten Kommentar) Ergänzend mal der Sozialismus der Nationalsozialisten im Wortlaut. Das ist kein Kapitalismus!

      http://economics.kiev....

      https://archive.org/de...

    10. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor mehr als 5 Jahre

      (in Antwort auf gelöschten Kommentar) Ja, es gab diese antikapitalistische Rhetorik, aber diese wurde selbst bei den "Linken" unter den Nazis, bei Gregor Strasser etwa, relativiert:
      https://de.wikipedia.o...

      Es stimmt die Strasser-Brüder und andere, viele davon sind schon 1934 (!) ermordet wurden, haben eine Langzeitwirkung:
      https://de.wikipedia.o...

    11. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor mehr als 5 Jahre

      (in Antwort auf gelöschten Kommentar) Danke für den Sontheimer-Artikel, der ideengeschichtlich gut ist, aber wo die reale Praxis zu kurz kommt. Aber das ist ja auch nicht sein Thema.

      Knapp und gut fand ich dieses Buch:
      https://www.matthes-se...

    12. Nutzer gelöscht
      Nutzer gelöscht · vor mehr als 5 Jahre

      @Achim Engelberg Danke, sehe ich mir gerne an.

    13. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor mehr als 5 Jahre · bearbeitet vor mehr als 5 Jahre

      (in Antwort auf gelöschten Kommentar) Im Nachhinein war ja auch der real existierende Sozialismus angeblich kein Sozialismus. Wenn man natürlich die Realität nur an den Idealvorstellungen, an den „reinen Ideen“ mißt und die komplexe, wirkliche Welt nur als eine verunglückte negative sieht, dann landet man genau da, bei einer idealistischen undifferenzierten Weltanschauung .....

    14. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor mehr als 5 Jahre

      @Thomas Wahl Glücklicherweise hat eine undifferenzierte Weltanschauung nur der neoliberale Guru.

      Allerdings gab es produktive Autoren, die schrieben, der Realsozialismus ist kein Sozialismus. Ich denke u. a. an einige Schriften von Trotzki oder von Susanne Leonhard. Sie agierten im Stalinismus und ohne Idealvorstellungen, sondern mit dem Widerstand des Materials. Ohne diesen wird ja nischt Gescheites.

      Heute, im Nachhinein also, kenne ich keinen, der interessant ist und das behauptet.

      An wen denkst Du?

    15. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor mehr als 5 Jahre

      @Achim Engelberg Wer interessant ist, entscheidet jeder selbst. Aber das Narrativ begegnet einem immer wieder in der Diskussion mit Linken. Und im Web muß man auch nicht lange suchen. Nur mal so ein Beispiel: „Der sog. Realsozialismus war kein echter Sozialismus. Kernbestandteil eines jeden Sozialismus ist der Grundsatz des Anti-Imperialismus – den die Sowjetunion mit Füßen trat, wie zahlreiche historische Beispiele deutlich machen (so auch noch lange nach Stalin sichtbar im Rahmen der sog. Breschnew-Doktrin alias »Lehre von der begrenzten Souveränität sozialistischer Staaten«). So war auch die DDR kein natürlich gewachsener Sozialismus, sondern ein installierter Satellitenstaat, ein bürokratisches Herrschaftssystem, das einem Teil des deutschen Volkes die stalinistische Auslegung dessen aufzwang, was man für Sozialismus hielt, um sowjetische Machtausübung über Deutschland zu gewährleisten. ..... „ http://podcast.jungeur.... Oder:
      „Das Dutschke-Wort gilt: Im real existierenden Sozialismus war alles mögliche real, aber nicht der Sozialismus. Im Arbeiter- und Bauernstaat herrschte eine Staats- und Parteibürokratie, nicht das Volk.“ http://wildetexte.blog...

    16. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor mehr als 5 Jahre

      @Thomas Wahl Das ist ein weites Feld.

      Es war zum einen fingierter Sozialismus, da hat Dutschke immer noch recht, und gleichzeitig gab es Elemente einer nichtkapitalistischen Gesellschaft, was man vor allem nach der Weltwirtschaftkrise von 1929 sah. Das ist keine Rechtfertigung für die Kollektivierung und Schlimmeres...

      Das Schwierige ist, dass man klarer sagen kann, was eine kapitalistische Wirtschaft ist als eine sozialistische.

    17. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor mehr als 5 Jahre

      @Achim Engelberg In der Theorie ist ja beides recht klar definiert. Nur ist die Realität komplexer. Eine hochvergesellschaftete AG im Streubesitz und paritätischer Mitbestimmung ist theoretisch schon auf dem Weg zum Sozialismus. Und ein Staat mit einer Staatsquote von 50% und mehr, einer Arbeitseinkommensquote von 80%, hoher Sozialquote etc. aber mit Privateigentum an Produktionsmitteln (ggf. stark reguliert) - ist das ein rein kapitalistischer Staat? Wir haben in der DDR mal diskutiert, ob es ein schwedisches Modell des Sozialismus gäbe. Die Wirklichkeit entspricht glaube ich nicht dem mechanischen Basis-Überbau-Modell, wie ich es mal lernen sollte. Wenn ich Luhmanns Konzept folge, dann ist die Wirtschaft ein Teilsystem der Gesellschaft unter mehreren anderen mit jeweiligen Eigenlogiken.

    18. Nutzer gelöscht
      Nutzer gelöscht · vor mehr als 5 Jahre

      @Thomas Wahl Hm, der Linke an sich ist also ein unbelehrbarer Idealist, der immer noch glaubt, dass der Sozialismus funktionieren könnte, wenn man den Menschen nur anständig erziehen würde...?

      Das kann schon sein aber da kann Marx doch nichts dafür. Genauso wenig wie Platon Schuld an totalitären Regimen oder Machiavelli Schuld an grausamen Potentaten hat. Wo also genau ist das Messen der Realität an der Idee Ursprung einer idealistischen, undifferenzierten Weltanschauung?

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