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Kurator'in für: Fundstücke Zeit und Geschichte
Seit der ersten Stunde als Kurator bei Forum dabei: Dirk Liesemer arbeitet als Journalist für Magazine wie mare und G/Geschichte. Er hat Politik, Philosophie und Öffentliches Recht studiert, die Henri-Nannen-Journalistenschule besucht, immer mal wieder in Redaktionen gearbeitet und ehrenamtlich eine Reihe von Recherchereisen mitorganisiert und begleitet. Bisher fünf Bücher, darunter "Café Größenwahn" (2023), ein Ausflug zu den großen Kaffeehausliteraten des Fin de Siècle. Foto: Andreas Unger
1958 verfasste Hans Magnus Enzensberger eine weitsichtige Tourismuskritik. Diese Form des Reisens, so notierte er, habe sich parallel zur industriellen Gesellschaft entwickelt. Die frühen Touristen sehnten sich nach unberührter Landschaft und unberührter Geschichte. Sie hegten den romantischen Wunsch nach Freiheit und Ursprünglichkeit und wollten aus den Zwängen und der Eintönigkeit der modernen Arbeitswelt fliehen. Doch ihre Form des Reisens entwickelte sich bald selbst zu einer Industrie. "Die Reise aus der Warenwelt ist ihrerseits zur Ware geworden", schrieb Enzensberger.
Schon der Begriff "Tourismus" deutet dabei mit seiner Endung "ismus" auf eine radikale Zeiterscheinung hin. Und die Endung reiht das Phänomenen darüber hinaus in eine Liste extremer Geisteshaltungen ein, die ansonsten mit Termini wie Sozialismus oder Kapitalismus bezeichnet werden.
Wie tiefgreifend der Tourismus unsere Städte und unsere Lebenswelt heutzutage verändert, erzählt die Journalistin und Schriftstellerin Petra Reski am Beispiel von Venedig. Es ist ein Nachruf auf eine Stadt, die schon viele Katastrophen überstanden hat. Nun aber dürften Touristen bald die letzten Venezianer aus ihrer Stadt verdrängt haben, den letzten Fleischerladen, den letzten Schreibwarenladen. "Als wirksamstes Mittel zur Beseitigung der letzten Venezianer hat sich die Ferienwohnung erwiesen, nicht mal die Pestepidemie von 1630 war so effektiv", schreibt Reski. Noch gut 55.000 Venezianer leben in der Stadt. Dafür übernachten jährlich rund zehn Millionen Touristen allein in den privat vermieteten Appartements. Wo soll ein Venezianer da noch eine neue Wohnung finden?
Nach der Lektüre des Berichts kann man Tourismus für eine zivile Form von Terrorismus halten. Doch der Untergang Venedigs ist nicht nur eine Folge der Mietverhältnisse, sondern hat auch politische Gründe, die mehr auf dem Festland als in der Lagunenstadt liegen. Auch davon wird im Text erzählt. Noch wehren sich die letzten Venezianer übrigens gegen den Verlust ihrer Heimat.
Quelle: Petra Reski Bild: dpa faz.net
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Ich war nach vielen Jahren im Februar wieder eine Woche dort. Der Zustand ist tatsächlich schockierend. Es gibt wohl keinen anderen Ort auf der Welt, der von der Tourismusindustrie ähnlich radikal zur Kulisse verdammt wurde. Tragisch. Wobei es immer noch genug Viertel gibt, in die sich Touristen nur verirren, wenn sie sich verirren.
bereits 25 jahre nach enzensberger war venedig nur noch so zu ertragen: nachtzug von florenz, durch venedig zu fuß, mitten in der nacht die boote aus dem umland zum mercato tuckern hören, beim entladen zuschauen, dem geruch einer bäckerei folgen, frische cornetti und einen cappuccino im ersten öffenen caffè, zigarette auf der piazzetta (mit sonnenaufgang über san giorgio maggiore), einmal kurz durch die academia, um giorgione zu grüssen. flucht aus der stadt vor 9 uhr morgens (unbedingt). eine ahnung mitnehmen, daß die stadt einmal tatsächlich gelebt hat. ob das 30 jahre später auch noch geht?