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Zeit und Geschichte

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Was hat Stalin mit dem russischen Internet zu tun? - Oder: Grundlagen der multipolaren Welt (2)

schreibt, kuratiert, gibt heraus

Kurator'in für: Flucht und Einwanderung Literatur Fundstücke Zeit und Geschichte

Dissertation über John Berger (Dr. phil.). Seine Essays und Interviews, seine Reportagen und Rezensionen erscheinen u. a. in Neue Zürcher Zeitung, Blätter für deutsche und internationale Politik, Sinn und Form, Jacobin und Lettre International. Als Historiker wertet er den in der Berliner Staatsbibliothek vorliegenden Nachlass seines Vaters aus. So erschienen »Die Bismarcks. Eine preußische Familiensaga vom Mittelalter bis heute« (2010, zusammen mit Ernst Engelberg) oder die von ihm herausgegebene Neuedition von Ernst Engelbergs »Bismarck. Sturm über Europa« (2014). Als Buchautor publizierte er zuletzt das literarische Sachbuch »An den Rändern Europas« (2021).

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Achim Engelberg

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Donnerstag, 31.08.2017

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Alle haben von russischen Cyberattacken gehört. Wenig bekannt ist in unseren Breiten, was das russische Internet besonders macht. Im Zeitalter des digitalen Umbruchs, das wahrscheinlich mit der Herausbildung einer multipolaren Welt einhergeht, könnte das eine große Rolle spielen:

Tatsächlich verfügt Russland als einziges Land der Welt über ein umfassendes System von Plattformen und Diensten, die unabhängig vom Silicon Valley sind. ... Während ein Großteil der Weltbevölkerung täglich Google, Amazon, Facebook und Apple nutzt, ohne auf überzeugende lokale Alternativen ausweichen zu können, haben die Russen und ihre Nachbarn also die Wahl zwischen den kalifornischen Giganten und dem, was üblicherweise als Runet bezeichnet wird: dem russischsprachigen Teil des Internets mit den dazugehörigen Diensten. Yandex ist doppelt so beliebt wie der Konkurrent Google, und VKontakte, das Pendant zu Facebook, ist mit Abstand die in Russland am häufigsten aufgerufene Website. Diese weltweit einzigartige Situation – selbst in China gibt es nichts Vergleichbares – ist ein wichtiger Trumpf für Moskau.

Nahezu unbekannt ist, dass diese Entwicklung in den Zeiten der Stalinschen Diktatur in den 1930/40er Jahren begann. Einerseits wurde die Informatik als „bourgeoise Pseudowissenschaft“ verunglimpft, andererseits begannen

ganze Labors unter höchster Geheimhaltung an der Entwicklung der ersten eigenen Rechner. Hinter den Stacheldrahtzäunen rund um die Labors, die zugleich Strafanstalten waren, konstruierten Ingenieure – zumeist politische Gefangene – Maschinen, die, ähnlich wie in Alexander Solschenizyns Roman „Der erste Kreis der Hölle“ beschrieben, zur automatischen Überwachung des Telefonnetzes dienen sollten.

Dieser erhellende historische Abriss, Stoff für mehrere Thriller, kommt zum Fazit:

Die Außenpolitik des Kremls setzt auf die Besonderheiten des Runet, das zu einer digitalen Projektionsfläche für russisches Machtstreben geworden ist. Auf diesem Gebiet hat Russland einiges zu bieten.