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Europa

Ein offener Brief gegen Russlands Neoimperialismus

Thomas Wahl
Dr. Phil, Dipl. Ing.
Zum Kurator'innen-Profil
Thomas WahlDienstag, 18.01.2022

Wir alle schauen gebannt nach Russland und auf die Ukraine. Oder nun nach Moskau, wo die deutsche Außenministerin Russland zum Dialog überreden möchte. Mehr als 70 Osteuropa- und Sicherheitsexperten wenden sich gleichzeitig an Regierung und Parteien und fordern: Dem aggressiven Vorgehen Russlands dürfe Deutschland nicht länger tatenlos zusehen. Initiator ist der Ukraine-Experte Andreas Umland, Analyst am Stockholmer Zentrum für Osteuropastudien. Unterzeichnet haben unter anderem auch Außenpolitiker wie Volker Beck (Grüne), Ruprecht Polenz (CDU) und der Osteuropahistoriker Karl Schlögel.

Massive, bedrohliche Truppenkonzentrationen an der Ost- und Südgrenze der Ukraine, verschärfte antiwestliche, vor Lügen nicht zurückschreckende Propagandaattacken sowie offenkundig unannehmbare Forderungen an die Nato und ihre Mitgliedstaaten: Russland stellt in den vergangenen Wochen die seit Ende des Kalten Krieges in Europa geltende Sicherheitsordnung von Grund auf infrage. In seiner internationalen Selbstdarstellung präsentiert sich Russland als bedrohter Staat, der dringend "Sicherheitsgarantien" des Westens benötige.

Wer oder was sollte denn Russland ernsthaft bedrohen? Etwa die vergleichsweise milden Wirtschaftssanktionen? Wer in der Nato will den militärischen Kolloss überfallen?

In Russland lagern heute mehr Nuklearsprengköpfe als in den drei Nato-Kernwaffenstaaten USA, Großbritannien und Frankreich zusammen. Moskau unterhält eine breite Palette von Trägersystemen für seine Tausenden Atomwaffen – von Interkontinentalraketen über Langstreckenbomber bis zu Atom-U-Booten. Es verfügt über eine der drei mächtigsten konventionellen Armeen der Welt sowie über ein Vetorecht im UN-Sicherheitsrat. Die Russische Föderation ist damit einer der militärisch sichersten Staaten der Welt.

Auf der anderen Seite operiert der Kreml mit regulären und auch mit irregulären militärischen Verbänden in verschiedenen Kriegen bzw. Konflikten. Wir sehen auch die dauerhafte Okkupation von Territorien in ehemaligen Sowjetrepubliken. Gegenüber Westeuropa fordert der Kreml mit militärischen Drohungen Sonderrechte zur Durchsetzung seiner Interessen auf dem Hoheitsgebiet souveräner Staaten.

Die Unterzeichner kritisieren in diesem Zusammenhang die deutsche Politik der vergangenen Jahre:

Diesem Treiben schaut Deutschland als größte europäische Wirtschaftsmacht seit nunmehr drei Jahrzehnten zwar kritisch, aber weitgehend tatenlos zu. In der Republik Moldau begann Moskaus Revision bereits 1992 unmittelbar nach dem Zusammenbruch der UdSSR mit einem massiven Eingriff der 14. Russländischen Armee. Ihre Reste stehen, trotz wiederholter Abzugsforderungen demokratisch gewählter moldauischer Regierungen und entsprechender Zusagen des Kremls, bis heute offiziell in Transnistrien. Weder auf diese noch auf die folgenden zahlreichen revanchistischen Abenteuer Russlands im postsowjetischen Raum sowie darüber hinaus reagierte die Bundesrepublik angemessen.

Der Vorwurf geht noch tiefer – Deutschland hat mit seiner Außen- und Außenwirtschaftspolitik zur politischen und ökonomischen Schwächung osteuropäischer Staaten beigetragen. Und damit natürlich zur geoökonomischen Stärkung des neoimperialistischen Russlands. 

Deutschland verhinderte 2008 maßgeblich den Beitritt von Georgien und der Ukraine zur Nato. 2019 betrieb die Bundesregierung hingegen die Wiederzulassung der russischen Delegation zur Parlamentarischen Versammlung des Europarats, obwohl Moskau keine der Bedingungen für diesen hochsymbolischen Akt erfüllt hatte und hat.

Alles umsonst und dennoch betont Annalena Baerbock heute in Moskau: „Wir sind bereit zu einem ernsthaften Dialog über gegenseitige Vereinbarungen und Schritte, die allen in Europa mehr Sicherheit bringen.“ Aber was hilft diese selbstverständliche Erklärung, was hilft der Versuch, den toten Normandie-Prozess wieder mit Leben zu füllen, wenn doch stimmt, was Konrad Schuller in der FAZ schreibt:
Russland will nicht Partner sein, sondern Hegemon: Diese These ist bisher mehr Vermutung gewesen als belegte Tatsache. Die Argumente waren zwar plausibel: Diktaturen können Demokratien nicht als Nachbarn dulden, weil sie zur Freiheit verführen; Diktaturen sind wirtschaftlich oft schwach, deshalb müssen sie andere militärisch dominieren; Diktaturen brauchen Siege.

Ist das Vorgehen Moskaus nicht die Bestätigung – Diktaturen verstehen letztendlich nur die Sprache der Macht? Sollten wir Putin & Co. nicht als geopolitische "Querdenker" in Europa und der Welt betrachten? Reagieren wir entsprechend.

Ein offener Brief gegen Russlands Neoimperialismus

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Kommentare 16
  1. Dominik Lenné
    Dominik Lenné · vor fast 3 Jahre

    Was ist denn konkret passiert? Truppenzusammenziehung zusätzlich zu der schleichenden Annexion des Donbas.
    Ist eine Invasion gegen die Ukraine wahrscheinlich? Nein.
    Ist Russland ein "militärischer Koloss"? Im Vergleich mit der Ukraine Ja, aber im Vergleich mit Westeuropa Nein, sein Militärhaushalt ist etwas größer als der Großbritanniens und wesentlich kleiner als der Westeuropas.
    Was ist der wahrscheinliche nächste Schritt? Weitergehen bei der Herauslösung des Donbas.
    Ich sehe psychologisch etwas ähnliches wie mit dem arabischen Terrorismus: das Gefühl der Marginalisierung durch den westlichen Mainstream, dem mit Praktiken aus dem 18. und 19. Jahrhundert begegnet wird.
    Im Übrigen vermisse ich China. Auch China kann kein Interesse an einer massiven Destabilisierung der Welt durch heißen Krieg in Europa haben. Kann China hier eingebunden werden?
    Was ist meine Meinung nach das Wichtigste? Die russische Erzählung vom "eingekesselten, bedrohten Staat" aufzulösen. Vielleicht durch öffentliche Diskussion genau darüber? Siehe auch Beitrag unten: Es gibt keine Bedrohung Russlands durch den Westen.

    1. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor fast 3 Jahre

      Dieses vergleichen von Militärhaushalten (gemessen in Dollar) halte ich für irreführend. Man muß sehen, was Rußland an Ressourcen beschaffen kann für sein Geld. Und was der Westen für seines bekommt. Ähnlich der Vergleich mit der europäischen Militärmacht. Es gibt keine einheitliche europäische Militärmacht. Und ehe die NATO ihre Kontingente in Richtung Osten konzentrieren könnte, vergehen Wochen. Im Ernstfall stünden dann russische Truppen wo?

      Natürlich will weder China noch Rußland eine massive Destabilisierung der Welt. Man nimmt, was man unterhalb dieser Schwelle bekommen kann - zunächst vielleicht Taiwan und den Donbass? Wielange soll das gehen? Jedenfalls scheinen die Vorgehen zw. China und Rußland zumindest zeitlich abgestimmt. Habe jedenfalls von China keine Verurteilung Putins gehört. Und man formuliert diese gemeinsame Strategie:
      https://www.piqd.de/us...

      Und Putin weiß genau, dass es keine Bedrohung durch den Westen gibt. Aber irgendeinen Vorwand braucht man ja. Das mit den Brüdervölkern glaubt ja auch kaum einer außerhalb des russischen Imperiums.

  2. Thomas Wahl
    Thomas Wahl · vor fast 3 Jahre

    Kleine Ergänzung zur Ukraine:
    "Über diese und weitere Fragen spreche ich im heutigen Morning Briefing Podcast mit Dr. Stefanie Babst.

    Die promovierte Slawistin und Politikwissenschaftlerin ist eine ausgewiesene NATO-Expertin und Kennerin sowohl der Ukraine als auch Russlands. In beiden Ländern lehrte sie als Gastdozentin. 1998 wechselte sie in den Internationalen Stab der NATO, wo sie zur höchstrangigen Frau der NATO in Europa aufstieg.

    Unter NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen baute sie einen Krisenvorausschau- und strategischen Planungsstab für die NATO auf, den sie bis Januar 2020 auch leitete. Das Zusammenziehen russischer Truppen an der ukrainischen Grenze beurteilt sie so:


    "Wir erleben das, was man im militärischen Jargon als Show of Force bezeichnet - also eine glaubwürdige militärische Machtdemonstration. Ziel von Putin ist es, politische Verhandler an den Tisch zu bekommen. “

    Zumindest militärisch sei Russland durchaus in der Lage, die Ukraine binnen kürzester Zeit zu besetzen:

    "Jenseits der 100.000 Mann hat Russland selbstverständlich die militärischen, operativen und technologischen Fähigkeiten, eine Großoffensive zu starten. “

    Jedoch gibt sie zu bedenken:


    "Auch militärische Planer in Russland werden wissen, dass die Einnahme eines Landes gegen den Willen ihrer Bevölkerung in einem blutigen Guerillakrieg enden kann. Und den möchte ganz sicherlich Moskau auch nicht. “

    Auf die Frage, ob die Europäer die Ukraine unterstützen würden, antwortet sie:

    "Weder theoretisch noch praktisch möchte sich irgendjemand in Europa an einer Verteidigung der Ukraine militärisch beteiligen. Die Ukraine ist kein Bündnismitglied. Wir können die Ukraine militärisch unterstützen. Einige unserer Bündnispartner tun das auch, wie beispielsweise Großbritannien. Aber niemand wird für die Ukraine ins Feld ziehen. “

    Bundeskanzler Scholz deklariert Nord Stream 2 gerne als „privatwirtschaftliches Vorhaben”. Zu dieser Äußerung hat sie eine klare Meinung:

    "Zu sagen, das sei nur ein privatwirtschaftliches Instrument und eigentlich habe das mit dem Konflikt und mit Russland nichts zu tun: Sorry, aber das ist aus meiner Sicht kompletter Blödsinn. “

    https://news.gaborstei...

  3. Arnd Kümmel
    Arnd Kümmel · vor fast 3 Jahre

    Ihr solltet alle den Ball flach halten!!! Wie es scheint, besteht der Globus nur noch aus dem "Bösen Russen" und dem frielichen Amerika nebst NATO !!!
    Nur eine kleine Denkaufgabe: Amerikanische Kriegsschiffe im Schwarzen Meer, kein Aufschrei der friedlichen
    Europäischen NATO PARTNER!!! Ein paar russische Kriegsschiffe mal in der Karibik???
    Hallo, der Weltuntergang!!!😂😂😂

  4. Marcus von Jordan
    Marcus von Jordan · vor fast 3 Jahre

    ...welche Reaktion wäre denn "entsprechend" oder "angemessen"?

    1. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor fast 3 Jahre · bearbeitet vor fast 3 Jahre

      Vor allem sollte man nicht schon vorher klar machen, das man etwa die Ukraine im Ernstfall nicht militärisch unterstützen wird. Ein ernst zu nehmendes militärisches europäisches Drohpotential wäre da allerdings schon mal gut. Ich denke Putin weiß genau, dass wir nicht bereit sind wirklich für andere zu kämpfen.
      Und so lange wir energetisch stark von russischem Gas/Öl abhängen, sind wir erpressbar und eingeschränkt. In der Situation z.B. aus Atomkraft auszusteigen hilft Putin & Co.

      Appeasment-Politik hat jedenfalls schon mal nicht funktioniert. Nachrüstung schon. Aber im Grunde hat sich Europa, hat sich D in eine Situation manövriert, wo man aktuell erst mal nur zu schauen kann.

    2. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor fast 3 Jahre

      Habeck scheint mir das schon recht realistisch zu sehen:
      "Es sei falsch zu sagen, „wir warnen vor einem Krieg“, denn „da ist ja schon Krieg“, sagte Habeck mit Blick auf den Ukraine-Konflikt. Es sei „ein Stück weit ein eingefrorener Konflikt, aber natürlich ein kriegerischer Konflikt“ mit „waffenstarrenden Frontlinien“. Der Grünen-Politiker fügte hinzu: „Da reicht schon ein Unfall oder eine Unachtsamkeit, dass daraus ein heißer Konflikt wird.“ …."
      https://www.welt.de/po...

    3. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor fast 3 Jahre

      Oder auch Straubhaar:

      "Erneut stellt sich die Systemfrage: sind von oben durch Einheitsparteien regierte und zentral verwaltete Autokratien am „Ende der Geschichte“ doch mächtiger und erfolgreicher als liberale Demokratien mit ihren mehr oder weniger freien Marktwirtschaften, die durch dezentrale Angebots- und Nachfrageentscheidungen selbstverantwortlicher Menschen organisiert werden? Fast scheint es, als würde China dem Westen ökonomisch und Russland Europa militärisch den Rang ablaufen. ……

      Würde nun angesichts der aktuell zunehmenden sicherheitspolitischen Spannungen die Friedensdividende der letzten dreißig Jahre hinfällig und müsste Deutschland für die Verteidigung in den kommenden Tagen wieder so viel ausgeben wie zu Zeiten des Kalten Kriegs, um im militärischen Konfliktfall gewappnet zu sein, müsste man 3,3 Prozent des BIP für die Verteidigung ausgeben.

      Das entspricht dem Durchschnitt der Periode 1960-1990 und bedeutet deutlich mehr als eine Verdoppelung gegenüber dem heutigen Zustand. Anstatt der 50,3 Milliarden Euro, die im laufenden Jahr für den Verteidigungsetat 2022 eingeplant werden, müssten künftig jährlich 123 Milliarden Euro – also über siebzig Milliarden mehr als heute – für den Verteidigungshaushalt bereitgestellt werden.

      Ob wohl gerade eine Ampelregierung mit Linken und Grünen bereit ist, einer liberalen Demokratie jene Finanzmittel zuzusprechen, die notwendig wären, um die sicherheitspolitische Wehrtauglichkeit zu gewährleisten? Da bestehen Zweifel. …"
      https://www.welt.de/wi...

    4. Marcus von Jordan
      Marcus von Jordan · vor fast 3 Jahre

      @Thomas Wahl ja - ich glaube auch, dass man Putin mit Unklarheit hilft, also auch damit, dass man nicht gleich klar sagt, dass man für die Ukraine keinen Krieg führen wird. Und sich dementsprechend gleich und in großer Gemeinschaft auf zwingend vereinbarte wirtschaftliche Konsequenzen festlegt. Genau das glaube ich findet eben nie statt, ist auch krass, aber eben doch nicht so krass wie Krieg.

      Die Begriffe "angemessen" und "entsprechend" werden immer sehr leicht missbraucht in diesem Kontext. Wie gehst du um mit den Aggressionen eines bis an die Zähne atomar bewaffneten Narzissten?

      Das verdoppelte Rüstungsausgaben das Problem entschärfen würden halte ich für völlig abwegig. Einer vielfach redundanten, atomaren Puttsituation noch ein paar Atomwaffen oder ein paar Panzer hinzufügen soll Frieden schaffen?
      Serious?

    5. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor fast 3 Jahre · bearbeitet vor fast 3 Jahre

      @Marcus von Jordan Ich glaube, Putin kann rechnen und er beobachtet seine Gegner genau. Wenn er sich militärisch stark fühlt, wird er militärisch handeln. Hat er schon mehrmals bewiesen. Aber bei einer hohen Wahrscheinlichkeit konventionell zu verlieren, das wird er eher nicht riskieren. Es würde sein Ansehen, seine Machtbasis, schwer schädigen. Rußland und China scheinen ihre Gebietsansprüche ja gerade zeitlich parallel deutlich zu machen. Das wird die konventionellen militärische Kräfte der NATO also doppelt herausfordern - geteilt zw. Asien und Europa. Ein paar mehr Panzer werden da im Ernstfall nicht reichen. fürchte ich. Es geht m.E. nicht mehr darum das Problem zu entschärfen. Sondern darum real abzuschrecken.

      Ich bin mir auch nicht sicher, ob Narzisst die richtige Charakterisierung ist? Putin ist klug bis gerissen, sicher selbstbewußt, berechnend, brutal wenn er es für nötig hält aber auch realistisch. Und wohl loyal zu seinen Kumpanen. Schau Dir mal die Auswahl und die Ausbildung von Geheimdienstoffizieren für den Auslandseinsatz im KGB an. Das war die absolute Elite ….

      Inwieweit ihn die langen Jahre mit absoluter Macht unzurechnungsfähig gemacht haben, läßt sich schwer sagen. Aber große Fehler aus seiner Sicht sehe ich kaum. Auch wenn seine Politik für das russische Volk historisch fatal ist.

      Nein, Atombomben brauchen wir wohl nicht noch mehr. Man würde sie bei einem begrenzten konventionellen Angriff sowie so nicht einsetzen.

    6. Marcus von Jordan
      Marcus von Jordan · vor fast 3 Jahre

      @Thomas Wahl danke für deine Einschätzung...vielleicht bin ich völlig naiv in diesen Dingen. Atomare und nichtatomare Kriegsführung so vertrauensvoll voneinander zu trennen wie du, das gelingt mir nicht. Was Putin eigentlich will verstehe ich nicht. Und ja vielleicht ist er kein Narzisst, sondern einfach ein chauvinistisches Arschloch. Seine Politik ist fatal für so viele Menschen und das ist ja eben sein Fehler. Auf welcher Ebene ist er erfolgreich?

      Unterm Strich scheint es mir eben keine funktionierende Abschreckung zu geben, die die Ukraine jetzt schützen würde. Es gäbe auch keine, wenn wir noch mehr Geld für konventionelle Waffen ausgegeben hätten, sondern eigentlich nur, wenn die Ukraine Teil eines atomar bewaffneten Verteidigungsbündnis wäre. Wir können militärisch nichts tun für sie und ich würde eben gerne mal sehen, wie das wäre, wenn wirklich mal auf europäischer Ebene beraten wird, wie man Putin maximal wirtschaftlich könnte.

    7. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor fast 3 Jahre

      @Marcus von Jordan Putin möchte ein Großrußland in alter imperialistischer Tradition. Das sagt er doch auch. Rußland war ein sich ausdehnendes koloniales Landimperium. Eine dominierende Macht in Europas Osten und darüber hinaus. Das war im Sowjetreich nicht anders. Lenin hat den großrussischen Chauvinismus durchaus als Problem benannt:

      “Kratze manch einen Kommunisten, und du wirst auf einen großrussischen Chauvinisten stoßen.”

      “Ganz besonders vorsichtig muß eine Nation wie die Großrussen sein, die in allen anderen Nationen erbitterten Haß gegen sich geweckt hat.” Wladimir Iljitsch Lenin
      Schlußwort zum Bericht über das Parteiprogramm (19. März 1919); Ausgewählte Werke, Dietz Verlag Berlin 1970, Bd. 3; S. 211

      Dieser Geist ist auch im Volk nicht verschwunden. Und in dieser Hinsicht war Putin erfolgreich - von Tschetschenien über Georgien bis Krim und Donbass. Das Reich wächst, nichts geschieht im Umfeld ohne Rußlands Segen oder gegen Rußlands Militärmacht.Seine Desinformation wirkt darüber hinaus. Auf Sanktionen ist er vorbereitet. Das Volk steht mehrheitlich hinter ihm. Der Westen ist ziemlich hilflos.

      Natürlich können wir militärisch nicht aus dem Stand heraus etwas militärisch für die Ukraine tun. Ausser schnell Waffen liefern. Den Preis des Krieges für Putin erhöhen. Aber geht es noch nur um die Ukraine?

      Im Ernstfall könnten wir vermutlich auch nichts für die Balten tun. Außer sofort Atomwaffen einzusetzen. Was vermutlich kein westlicher Politiker tun würde. Und das weiß Putin auch. Und damit schließt sich der Kreis - wir sind konventionell unfähig und atomar "gehemmt". Was will ein Aggressor mehr? Es geht mir also nicht um eine Trennung von Atom- und konventionellen Waffen. Nur so wie wir jetzt drauf sind, schließen wir Waffen überhaupt aus. Ein Paradies für Politgangster - wir sind wieder im langen 19. und frühen 20. Jahrhundert.

      Ich weiß, das ist alles nur ein Szenario, das nicht eintreffen muß. Was ich auch hoffe. Andererseits erinnert mich diese Hemmung auch nur potentiell auf militärische Kraft zu setzen stark an die Appeasment-Politk der 30er Jahre. Hitler hat das Rheinland, Tschechien, Österreich und Polen ziemlich ungehindert bekommen.

      Zur Info:
      https://www.welt.de/wi...

    8. Marcus von Jordan
      Marcus von Jordan · vor fast 3 Jahre

      @Thomas Wahl nochmal danke...
      mein Eindruck ist trotzdem - die mangelnde Abschreckung liegt nicht an mangelnden Waffen, sondern an mangelnder Klarheit. Jetzt in der Ukraine und vielleicht dann leider im Baltikum.

      Und ein echtes Embargo würde ich trotzdem gerne mal erleben und sehen, wie es wirkt.

    9. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor fast 3 Jahre

      @Marcus von Jordan Ja, es sind sicher mehrere Faktoren …..

      Mit dem Embargo ist das so eine Sache. Gab es im kalten Krieg auch. Die Russen sind "leidensfähig". Und heute würde sich etwa China sicher nicht daran beteiligen.
      Die deutsche Energiewende beruht auf der anderen Seite auf Gas - viel russisches Gas ….

    10. Ulrich Moebius
      Ulrich Moebius · vor fast 3 Jahre

      @Thomas Wahl Echte Sanktionen könnten Putin und seine Entorage schon hart treffen. Immerhin liegt ein Großteil des Vermögens im westlichen Ausland. Auch die Wertschöpfung (Rohstoffverkauf) und die Vermögenszuwächse finden zu großen Teilen mit dem "Westen" statt:
      Also Vermögen beschlagnahmen, den Handel mit russische Staatfirmen mit Strafzöllen belegen und selbige vom Geldtransfermarkt ausschließen. Reiseverbot für alle Regierungsmitglieder und Oligarchen. Und eine Austiegsverpflichtung aller Europäischen Staaten aus dem Gas- und Erdölhandel mit Russland innerhalb von 5-10 Jahren. Das wäre dann Level "Iran". Dann gäbe es noch Sanktionslevel "Nordkorea".
      Ob ihn das von seiner Aggressionspolitik abhält? Keine Ahnung. Aber er wird Unterstützer verlieren und irgendwann auch seine Macht (und/oder sein Leben) wie fast alle Diktatoren.
      Eine schnelle Aufnahme der Ukraine in die NATO und eine Beitrittsperspektive für die EU halte ich aber für das bessere Mittel.

    11. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor fast 3 Jahre

      @Ulrich Moebius Guter Hinweis auf die bestehenden Sanktionen. Aber das bedeutet auch, wenn man die halbe Welt um sich sanktioniert, dann wird sich diese andere Welt untereinander vernetzen und helfen. Das Schwert der Sanktionen wird Stumpf. Und mit China steht ein wirtschaftlich sehr potenter Partner bereit. Im Grunde könnte sich wieder eine bipolare Welt bilden.

      Die Welt hat sich in verschiedene Zwickmühlen manövriert, da rauskommen wird schwierig

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