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Er schlug immer wieder zu. Totschlag, Vergewaltigung. 34 Jahre Knast. Nun ist er frei. Geht das gut?

Sidney Gennies
Verantwortlicher Redakteur der "Mehr Berlin" Seiten beim Tagesspiegel. Kümmert sich um Reportagen im Ressort "Die Dritte Seite"

Geboren in Sachsen-Anhalt, sozialisiert in Franken, angekommen in Berlin.

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Sidney GenniesSonntag, 17.12.2017

Rolf Beier sagt, die Verbrechen, die seien ihm immer einfach irgendwie passiert. Als er seine Ex-Freundin vergewaltigt, 1981. Oder die Sache mit der Pohl, die er 1983 kurz nach der Entlassung mit einem Klappmesser und zwölf Stichen tötet. Oder als er während eines Freigangs 1996 die schwangere Frau eines Mithäftlings vergewaltigt, ihre zwei Kinder schlafen im Nebenzimmer.

Wer soll ihm glauben, dass er kein Monster ist?

Auszug aus dem Urteil zur Sicherungsverwahrung:

"Bei dem Angeklagten liegt ein Hang vor, da er nicht imstande ist, dem Anreiz von Verbrechen zu widerstehen"

Seit Mai 2016 ist Rolf Beier ein freier Mann. Katja Füchsel hat ihn für ihre fast 7000 Worte umfassende Reportage begleitet; ist die Stationen seines Lebens mit ihm abgefahren, hat Urteile und psychiatrische Gutachten eingesehen, mit den Therapeuten gesprochen.

Herausgekommen ist das Porträt eines Mannes, der viele Leben verpfuscht hat. Auch sein eigenes. Und der, heute 60 Jahre alt, beweisen muss, dass er sich ändern kann. Im Text heißt es:

"Wenn ick jetzt nix ändere, schlage ich noch einen tot und sterbe im Knast." Der Tod hinter Gittern, die größte denkbare Niederlage. Ein Leben, für nichts.

Es ist aber auch eine Geschichte über unser Strafrechtssystem. Der Rechtsstaat kann und will Verbrecher wie Rolf Beier nicht für immer wegschließen. Wie aber dann mit ihnen umgehen?

Füchsel schreibt:

Der Kriminologe Michael Alex hat in einer Studie die Rückfallquote anhand von 131 Gefangenen erforscht, bei denen die Gutachter Sicherungsverwahrung gefordert hatten, diese aber wegen der Urteile der höchsten Gerichte nicht mehr verhängt werden konnte. Sein Ergebnis: Bei unvorbereitet Entlassenen ohne Nachsorge gibt es eine Rückfallquote von etwa 15 Prozent. Mit dem Programm der Ambulanz konnte das Risiko auf drei Prozent gesenkt werden.

Es fällt schwer, sich mit Täterbiografien zu beschäftigen, während die Opfer längst tot oder fürs Leben gezeichnet sind. Der Reportage gelingt es dennoch, genau den richtigen Abstand zu halten, die Taten nicht zu verklären und doch nachvollziehbar zu machen, was nicht zu verstehen ist: nämlich wie ein gerade noch so durchschnittlich intelligenter Junge ein derart gefährlicher Gewalttäter werden konnte. 

Ihm ist nach Aussage seiner Therapeuten so ziemlich jede bekannte Ausformung einer dissozialen Persönlichkeitsstörung attestiert worden: emotional-instabil, emotional-schizoid, mehr paranoid als schizoid, narzisstisch, egozentrisch, antisozial, paranoid-dissozial, selbstwertschwach, einzelgängerisch.

Und wie die richtige Betreuung und Behandlung mit Medikamenten Straftaten verhindern kann. Dass sich mit den Tätern zu beschäftigen, Opfer schützen kann.

Vielleicht geht diese Geschichte am Ende gut aus, nach all dem Leid, das Beier verursacht hat.

Hoffnung macht der vielleicht schönste Satz dieser Reportage.

Keiner braucht die ganze Welt. Viele Freunde, eine große Familie gehören zum Luxus der Behüteten. Aber einen einzigen Menschen, den braucht jeder. Um gesehen zu werden, sich selbst zu spüren, überhaupt zu sein. Für Rolf Beier ist das Jörg Riese.

Das vermeintliche Monster hat einen Freund gefunden. Ist sicherer so.


Er schlug immer wieder zu. Totschlag, Vergewaltigung. 34 Jahre Knast. Nun ist er frei. Geht das gut?

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