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Kurator'in für: Flucht und Einwanderung Literatur Fundstücke Zeit und Geschichte
Dissertation über John Berger (Dr. phil.). Seine Essays und Interviews, seine Reportagen und Rezensionen erscheinen u. a. in Neue Zürcher Zeitung, Blätter für deutsche und internationale Politik, Sinn und Form, Jacobin und Lettre International. Als Historiker wertet er den in der Berliner Staatsbibliothek vorliegenden Nachlass seines Vaters aus. So erschienen »Die Bismarcks. Eine preußische Familiensaga vom Mittelalter bis heute« (2010, zusammen mit Ernst Engelberg) oder die von ihm herausgegebene Neuedition von Ernst Engelbergs »Bismarck. Sturm über Europa« (2014). Als Buchautor publizierte er zuletzt das literarische Sachbuch »An den Rändern Europas« (2021).
Bismarcks Außenpolitik heute noch als Vorbild heranzuziehen hält Jeismann für falsch: „Das ganze Koordinatensystem des Politischen und Symbolischen im 19. Jahrhundert war ein völlig anderes. Da ging es um Kategorien wie Größe, Macht, Ruhm, Beherrschen – all diese Kategorien sind heute wirklich obsolet geworden.“
Klar, vieles änderte sich, aber es ist schon eine kurios spezielle Sicht, wenn man die Kategorie Macht oder Größe heute für obsolet hält.
Es ist für einen piq ein zu weites Feld, Bismarcks Außenpolitik zu skizzieren, aber weder die AfD-Anlehnung an Putin noch die Kritik daran, trifft Bismarcks differenziertes Vorgehen.
Seine Russlandpolitik war gerichtet auf Zusammenarbeit, die nicht in Abhängigkeit endet. Über die inneren Widersprüche des Zarenreiches machte sich Bismarck, der seine außenpolitischen Lehrjahre als preußischer Gesandter in St. Petersburg verbracht hatte, keine Illusionen.
Wie heute versuchte Russland in der slawischen Welt Einfluss zu gewinnen, was schon damals zu Krisen in den internationalen Beziehungen führte, dennoch wollte Bismarck den Kontakt nicht abbrechen lassen, da er fürchtete, eine antirussische Politik führe zu feindlichen Allianzen und letztlich zu Krieg, was dann im Ersten Weltkrieg auch geschah.
Wie stark die ungleich entwickelten Mächte schon damals nicht nur politisch, sondern auch ökonomisch verbunden waren, zeigte sich in der Krise seit 1873. Damals sprach man von Not leidenden Instituten, ab 2008 von notleidenden Banken. Stets sahen viele in zahlungsunfähigen Banken keine Notleidenden, sondern Spekulanten, die keine Staatshilfe verdienten.
Heute, wo wir eine Neuordnung Europas (und der Welt) erleben, bei der Russland wieder eine entscheidende Rolle als konservative Macht spielen will, bleibt Bismarcks vielschichtige Politik – unter anderen Umständen – aktuell wie Tagesnachrichten.
Quelle: Michael Kees u. a. Bild: imago/Joko taz.de
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